Über den Sinn und Unsinn von Beratung

In Deutschland gibt es in letzter Zeit einen richtigen Beraterboom. Aber muss man in der Jugendarbeit auf diesen Boom aufspringen und zu den Tausenden von Beratern noch ein paar „Jugendmitarbeiterteamberater“ hinzufügen?
Über den Sinn und Unsinn von Beratung

Der Beratungsgedanke taucht schon im Alten Testament auf. In 2. Mose 18 lesen wir, wie Moses Alltag während der Wüstenwanderung Israels aussah. Er beschäftigte sich nicht mit Karte lesen oder Routenplanung. Nein, er hatte den ganzen Tag damit zu tun, die Streitfälle der Israeliten zu schlichten.

„Die Leute drängten sich vor ihm vom Morgen bis zum Abend.“2. Mose 18,13

Kleine Begegnung mit großer Wirkung.

Das kann Beratung leisten. Vielleicht gibt es deshalb zurzeit in Deutschland einen Beraterboom. Das heißt, man kann sich in allen möglichen Bereichen seiner Lebens- und Arbeitswelt beraten lassen. Das Ganze geht von Tarifberatern für den neuen Handyvertrag über Verkaufsberater bis hin zu Unternehmensberatern, deren Tageshonorar weit über 1.500,- € liegen kann. Viele Unternehmen sind bereit, für gute Beratung so viel Geld auszugeben. Und fast jeder Otto-Normal-Verbraucher ist bereit, sich in den verschiedensten Dingen beraten zu lassen. Das ist auf der einen Seite ungewöhnlich, aber im 21. Jahrhundert auch völlig normal. Das Leben, die Technik, die Angebote, … sind zu vielfältig, komplex und undurchsichtig geworden, so dass wir Menschen immer wieder auf andere angewiesen sind, die uns beraten.

Daher kommt der Beraterboom und daher kommt auch die Bereitschaft, sich beraten zu lassen und dafür sogar viel Geld auszugeben.

Aber muss man in der Jugendarbeit auf diesen Boom aufspringen und zu den Tausenden von Beratern noch ein paar „Jugendmitarbeiterteamberater“ hinzufügen? Oder brauchen wir krampfhaft Leute, die Jitro spielen wollen? Darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, sich gute Prinzipien auch für die Jugendarbeit zu Nutze zu machen.

„Prüft aber alles, und nehmt nur an, was gut ist.“1. Thessalonicher 5,21

Mein Jugendmitarbeiterteam lässt sich nicht beraten, weil es irgendwann mal Jitro gab und auch nicht, weil das zurzeit in ist. Vielmehr geht es uns darum, die Vorteile von Beratung zu nutzen. Zum Beispiel wollen wir unsere Jugendarbeit von unserem Berater immer wieder positiv hinterfragen lassen und dadurch verbessern.

Die guten werden durch Beratung immer besser und die schlechten gehen ohne Beratung kaputt.

Dabei liegt es auf der Hand, dass ein Berater – eine Person, die nicht unmittelbar mit der eigenen Jugendarbeit zu tun hat – die Jugendarbeit sehr positiv beeinflussen kann.

  • Als erstes ist er ein Außenstehender wie Jitro. Das heißt, er kann viele Situationen viel objektiver beurteilen als jemand, der bis zu den Ohren in der Jugendarbeit drin steckt.
  • Als zweites muss er kein Blatt vor den Mund nehmen, denn er kennt die Fettnäpfe deiner Jugendarbeit nicht und kann deshalb alles unvoreingenommen ansprechen und hinterfragen.
  • Drittens hat er automatisch mehr Autorität als der Jugendleiter und seine Worte, Ideen und Tipps haben deshalb bei allen Mitarbeitern mehr Gewicht.
  • Viertens kennt der Berater im Normalfall mehr Jugendarbeiten als die eigene und kann deshalb entsprechend gute Tipps geben.
  • Fünftens kann er von außen viel leichter auf biblische Ziele für die Jugendarbeit hinweisen und helfen da dran zu bleiben.

Das sind nur mal fünf kleine Dinge, die ein Berater in Gesprächen leisten kann, ohne dass er sich anstrengen muss.

Kluge Fragen

Ein weiterer Vorteil – je nach Beratungsstil – ist, dass man als Team selbst erkennen kann, was dran ist, wenn der Berater einfach gute Fragen stellt. Wenn ich in der Beraterrolle bin, versuche ich viele Fragen zu stellen und nicht gleich alle Antworten selbst zu geben, damit das Team selbst erkennt, was dran ist. Das ist dann für die Jugendmitarbeiter meistens ein ganz tolles Erlebnis, wenn sie selbst wichtige Wahrheiten in Sachen Jugendarbeit erkannt haben.

Ganz oft kommt es bei Beratungsgesprächen auch vor, dass alle Beteiligten merken, dass sie keine Ahnung von einem bestimmten Thema haben. Da versuchen wir über das Mitarbeiterteam zu reden, und die Leute fangen auf einmal an, sich anzugiften und zu zerfleischen. Oder wir reden über Beziehungen zu den Jugendlichen und keiner hat welche. Oder ich frage nach einem Evangelisationskonzept und blicke in fragende Gesichter. Klar, da hat man vielleicht einen Schwachpunkt der eigenen Jugendarbeit entdeckt. Aber das macht nichts, denn zu so einem Zeitpunkt wird ein Beratungsgespräch dann zu einem Mix aus Beratung und individueller Schulung. Und da bleibt bei den Mitarbeitern manchmal mehr im Kopf und im Herz, als wenn sie einen Wochenkurs besuchen.

Dass Beratung in den Jugendarbeiten unserer Gemeinden dran ist, ist für mich keine Frage.

Tonnenweise Vorteile…

Fakt ist, dass ich noch tonnenweise Vorteile von Beratung aufzählen könnte. Und außerdem noch viele Statements von Jugendmitarbeitern, denen Beratung gut getan hat. Das würde Bücher füllen und am Ende wüsste ich immer noch nicht, ob die Jugendmitarbeiterteams, die Beratung bräuchten, sich dann dafür entscheiden würden.

Dass Beratung in den Jugendarbeiten unserer Gemeinden dran ist, ist für mich keine Frage. Denn auch hier wird alles komplexer und vielschichtiger und man kann kaum mehr jede Ecke der Jugendarbeit im Blick haben. Ein Berater kann da eine wirkliche Hilfe und Ergänzung sein.

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