A sante sana Jesu

Afrika muss man erlebt haben, vor allem die Gemeinschaft, wenn alle zusammen Gott loben. Dann rücken Fragen wie etwa “Warum tanzen und trommeln die Christen in Tansania so viel?” in den Hintergrund. Ich möchte aus meiner Erfahrung zeigen, dass es möglich ist, in Liebe vor Gott zu stehen und ihn auf unterschiedlichste Weise zu loben
A sante sana Jesu

Das war wieder mal ein Gottesdienst voll Musik! Der Chor sang vier verschiedene Lieder, die nicht unterschiedlicher hätten sein können, anschließend sang eine Solistin, die ihre Playbackaufnahme im mp3-Player über die Anlage laufen ließ. Und dann erst die vielen lange Pambio-Chorusse, die einige Geschwister aus der Gemeinde sangen. Dabei wurden immer unterschiedliche Zwischenteile vorgesungen und die ganze Gemeinde sang freudig den immer gleich bleibenden Antworteil.

Abwechslungsreiche Musik

Die Gottesdienste haben in Dodoma zwar einen festen Ablauf, der aber sehr flexibel gestaltet wird. Am Anfang singen wir mehrere „Gesangbuchlieder“, wobei Lied Nummer 1 „Du großer Gott“ der absolute Renner ist, den jeder auswendig kann. Nach Begrüßung und Gebet folgen einige Loblieder. Hier werden meist die so typischen afrikanischen Wechselgesänge, auf Suaheli „Pambio“, gesungen. Ein Vorsänger/in singt vor und alle klatschen, freuen sich und singen laut mit, auch wenn der gleiche Satz immer und immer wieder gesungen wird. Dazu trillern die Frauen mit ihren hohen Stimmen und den Zungen. Dieses „Pambio“-Singen wird entweder von einer Band geleitet oder von jemandem aus der Gemeinde angestimmt. Es geht darum, Gott die Ehre zu geben und ihn mit Leib und Seele zu loben. Stillstehen kann man dabei nicht. In Afrika ist Musik und Lob Gottes immer etwas, das den ganzen Menschen erfasst, deshalb wird besonders bei diesem Teil gewippt, geklatscht, getanzt und natürlich getrillert.

Als die Solistin an diesem Sonntag im dritten Teil (Anbetungsteil) ein Lied vom Thron Gottes sang, gingen zwei Frauen aus der Gemeinde nach vorne und tanzten in gemessenen Schritten, um so die Heiligkeit Gottes zu verdeutlichen. Diese ungeplante und doch so deutliche Choreografie faszinierte mich!

Ach, fast hätten wir den Chor vergessen: das erste Lied war das aus dem Englischen übersetzte Lied von Melody Green „There is a Redeemer.“ Dazu spielte ein Bruder, der sehr gut Keyboard spielen kann, spontan die Begleitung. Völlig entgegengesetzt war dann das nächste Chorlied im Gogo-Stil. Der Stamm, der in Dodoma ansässig ist, heißt „Gogo“. Diese Menschen sind bekannt als gute Musiker und spielen vor allem Trommeln, Daumenklavier, sowie Streich- und Zupfinstrumente aus Kürbisschalen. Unser kleiner Chor beschränkte sich auf Trommelbegleitung. Der Vorsänger machte ein paar Sprünge und Tanzschritte vor dem Chor und alle sangen und wippten mit Schultern und Kopf. Leider verstand ich den Text nicht ganz, weil der Vorsänger seine Zwischenrufe in der Gogo-Sprache rief, die ich nicht verstehe.

Nach der Predigt sang ein junger Bruder ein selbstgedichtetes Lied, das er am Keyboard vortrug. Diesmal war die Begleitung so laut, dass man den Sänger nur schlecht verstehen konnte.

Es ist schön als Europäerin mitten drin zu sein, auch wenn mir nicht alle Rhythmen und Melodien behagen, auch wenn es schwer ist die Gogo-Melodik und Rhythmik zu singen und spielen, oder mir manchmal die Musik zu laut ist. Aber es ist ein Vorgeschmack auf den Himmel, wo wir alle um den Thron Gottes versammelt sein werden und wo es gewiss nicht stocksteif zugehen wird.

Die Afrikaner mögen es lebendig und laut. Aber dabei geht Geistlichkeit und Andacht nicht unbedingt verloren. Im Gegenteil: durch die ruhigeren Anbetungslieder im Wechselgesang, die mehrfach wiederholt werden, ist der Herr genauso gegenwärtig wie in einem mehr westlich geprägten Anbetungslied aus dem Buch. Ja, die meisten afrikanischen Gottesdienstbesucher empfinden Gottes Nähe mehr in diesen von Rhythmus geprägten, afrikanischen Liedern als in gehaltvollen Liedern mit europäischen Melodien, deren melodischer Verlauf ihnen oft fremd ist.

Die afrikanische Tonleiter

Die afrikanische Musik hat nicht unsere siebenstufige Tonleiter, sondern hat nur fünf Töne. So gibt es immer die typischen pentatonischen Sprünge und keine Halbtonschritte, wie sie in europäischen Liedern normal sind. Dadurch können traditionelle Sänger nur schwerlich europäische Lieder für unsere Ohren „sauber singen“. Wir Europäer haben im Gegenzug Mühe, uns in die für jeden Stamm unterschiedliche Pentatonik einzuhören, mitzusingen oder gar zu leiten. Die Töne haben oft kleine Nuancen nach oben oder unten, die wir gar nicht wahrnehmen und dann einfach „falsch“ singen, weil wir es nicht besser können. Aber das tut der Freude und Gemeinschaft miteinander keinen Abbruch. In Afrika ist es viel wichtiger, dabei zu sein und mitzumachen, als „richtig“ oder „falsch“ zu singen.

Der sambische Musikforscher und Bibellehrer Felix Muchimba (Felix Muchimba, Liberating the African Soul, Colorado Springs 2007, 30-32.) teilt afrikanische Gemeindemusik in drei Gruppen ein: traditionelle Musik, urbane Musik und westliche Musik.

Westliche Musik

Die westliche Musik ist durch Lieder und Choräle nach Afrika importiert worden, die von Missionaren übersetzt wurden. Bis heute singen die Christen quer durch alle Denominationen diese alten Heilslieder, die in Europa langsam in Vergessenheit geraten sind. Hinzu kommen Übersetzungen von neueren Anbetungsliedern aus aller Welt (Hillsong, u.a.)

Traditionelle Musik

Im Gegensatz dazu wird traditionelle Musik oft mit traditionellen Instrumenten oder Trommeln gespielt und in den Lokalsprachen gesungen. Das ruft automatisch ein großes Gefühl der Einheit hervor, vor allem, wenn es im gleichen Kulturkreis gesungen wird.

Städtische Musik

Städtische Musik ist überregional und wird vor allem auf Tonträgern und durch Medien verbreitet. In Tansania kann man am Sonntag auf allen Sendern christliche urbane Musik hören und sehen. Dieser Musikstil verbindet afrikanische Rhythmen und Harmonik mit westlichen Gestaltungselementen und wird mit elektronischen Instrumenten aufgeführt. Die Afrikaner sehen diese Stile nicht als Gegensätze und urteilen nicht schnell, welche Musik nun besser oder schlechter ist. Es muss ein gutes Gemisch von allen Stilen sein, wenn es ein erhebender Gottesdienst werden soll.

„Danke Jesus“

Ich habe mich manchmal gefragt, was das Merkmal für geistliche Musik ist. Denn die Rhythmen und Melodien, die hier verwendet werden, kommen tief aus der Kultur des jeweiligen Stammes. Wird das Lied geistlich durch den Text? Etwa so wie es auch mit dem Lied „In dir ist Freude, in allem Leide“ war, dessen Melodie von einem Gassenschlager von Gastoldi im Mittelalter stammte und dann von Cyriakus Schneegaß mit dem tiefen geistlichen Text versehen wurde? Oder geht es um mehr als nur Auswechseln der Worte? Darum nämlich, dass der Herr begabten Menschen seinen Geist ins Herz gibt, und sie mit dem „Material“, das sie haben, Gott ein „neues Lied“ mit ihren kulturellen Mitteln singen. Das neue Lied klingt immer noch afrikanisch und geht im Rhythmus voran. Aber der Unterschied, ob ein Instrument „im Geist“ oder mehr seelisch-körperlich gespielt wird, wird bei der Ausführung ganz deutlich.

Einer der ersten Christen unserer „Kanisa la Biblia“-Gemeinden war Samuel Mlanda. Er war als junger Mann ein großer Trommler, der auf allen traditionellen Dorffesten trommelte und sich so sein Geld verdiente. Als er Christ wurde, fasste er keine Trommel mehr an. Das war nicht mehr seine Welt, seit er zu Jesus gehörte. Seinen Kindern hat er Trommeln nie verboten. Und seine Tochter ist heute eine in Tansania bekannte Sängerin, die mit ihren Liedern in Radio und Fernsehen bezeugt, dass sie ganz dicht bei Jesus bleiben will. Der Unterschied von geistlichem Trommeln und leibliche Gefühle provozierendem Trommeln wird beim Hören und Fühlen deutlich. Leider wird diese Grenze auf größeren Veranstaltungen und Evangelisationen oft überschritten, wenn das Vorprogramm, angetrieben von einer Band, fast zur Disco ausartet. Aber auch hier sehe ich Durchblick bei meinen afrikanischen Geschwistern, die dann Musikbeiträge mit Schräglage richtig beurteilen und mit afrikanischer Diplomatie unterbinden können.

Die Verheißung aus dem Propheten Zefania 3,10 beschreibt Menschen aus Afrika, die den Herrn anbeten:

„Von jenseits der Ströme Kusch (das ist der Nil) werden sie mir meine Anbeter, meine zerstreute Schar, als Opfergabe darbringen.“

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