Wir sehen doch die Not…

Sehen unsere Jugendlichen Leid und Elend überhaupt noch? Oder ist es ihnen einfach nur egal? Vielleicht sind sie auch einfach nur nicht in der Lage zu helfen. Wie können wir das verändern?
Wir sehen doch die Not…

Kennst du Pippi Langstrumpf? In einer ihrer Geschichten ist sie nach der Befreiung ihres Vaters mit Tommy und Annika auf einer einsamen Kerkerinsel auf der Flucht vor Piraten. Sie rennen an einer Kneipe vorbei, in der ein kleiner Junge namens Pedro unter einem ziemlich miesen Wirt arbeiten muss. Der Wirt behandelt Pedro wirklich sehr schlecht. Ich denke Tommy und Annika sehen ebenso wie Pippi Langstrumpf die Not dieses Jungen. Pippi bleibt stehen, Tommy und Annika laufen weiter, sehen sich nur kurz um. Es kommt zu einem Wortwechsel zwischen Pippi und dem Jungen. Pippi hilft dem Jungen und gibt ihm einige ihrer Goldstücke, damit der Junge nicht mehr dort arbeiten muss. Haben Tommy und Annika Herzen aus Stein, ist es ihnen im Grunde egal, was ihren Mitmenschen um sie herum passiert?

Wenn ich unsere Jugendgruppen in den Gemeinden betrachte, dann glaube ich, dass sie in etwa ein ähnliches Bild widerspiegeln, das Pippi und ihre Freunde hier abgeben. Einige wenige, und in der Realität wahrscheinlich sogar weniger als 1/3, sehen Not und Elend um sich herum und beginnen zu helfen. Die anderen sehen es und sehen sich nicht in der Lage etwas zu tun. Wie können wir das verändern? Gar nicht so einfach. Deshalb braucht es zunächst einmal eine Definition von Not und ich glaube, dass da schon der erste Knackpunkt erreicht ist. Was empfindet eine Generation oder inzwischen ja sogar mehrere Generationen, die bisher im Grunde zumindest weder wirtschaftliches Leid noch Not kennen als solche?

Googelt man sich ein wenig durch die Welt, so liest man, dass Not eine Zwangslage ist, in der Hilfe notwendig sei und auch, dass sie ein Zustand des Mangels oder des Fehlens an Lebenswichtigem, eine gefahrvolle, lebensbedrohliche Situation sowie einen seelischen Zustand der Rat- und Hoffnungslosigkeit beschreibt.

Situationen, die durch die Schnelllebigkeit unserer Zeit noch begünstigt werden. Wir selbst und auch unsere Jugendlichen leben in einer Zeit, in der immer mehr, ja nahezu alles im Leben erlaubt und möglich ist. Durch diese vermeintliche Freiheit und Toleranz erleben wir einen moralischen und ethischen Abfall in der Gesellschaft wie er im Römerbrief im ersten Kapitel ab Vers 18 ff beschrieben ist.

Wie kann es uns gelingen diese Lebensnot, aber auch die materielle Not der Menschen zu erkennen und zu handeln. Beginnen wir mal mit der materiellen Not. Die sichtbare wirtschaftliche Not deiner Stadt ist aus meiner Sicht von ihrer Größe abhängig. In Berlin oder München erlebst du bettelnde Menschen in der Fußgängerzone, in einem Dorf und auch in einer Kleinstadt erlebst du augenscheinlich, wahrscheinlich gar nichts oder sehr, sehr selten solche Situationen. Jugendliche erleben die Nöte, die ihre Freunde und Kollegen in der Familie oder auch häufig im sexuellen Bereich, in Beziehungen oder auch in anderen Bereichen haben, tagtäglich hautnah mit.

Sie nehmen Not war und dann? Wie kann es zu einer Wendung kommen? Wie können wir erreichen, dass sich in ihrem Handeln etwas tut.
Wenn wir von Leid und Not hören, gehen uns oft als erstes Bilder von hungernden Kindern in Afrika oder Obdachlose auf Großstadtplätzen durch den Kopf. Aber auch bettelnde Betrüger. Diese Art von Not ist täglich rund um die Uhr präsent. Wir sehen viele hundert Bilder innerhalb einer Woche. Und doch ist oft gerade diese Not ganz weit weg. Diese ständigen Bilder machen uns taub und lassen uns abstumpfen. Sie berühren uns nicht mehr, obwohl auch wirtschaftliche Not in Deutschland noch am ehesten Präsent ist.

Ein junger Mensch bei dem sich etwas verändert hat war Johannes Falk. Vor fast 200 Jahren schrieb er:

„Ich war ein Lump mit tausend anderen Lumpen in der deutschen Literatur, die dachten, wenn sie am Schreibtisch säßen, so sei der Welt geholfen. Es war noch eine große Gnade Gottes, dass er anstatt wie die anderen mich zu Schreibpapier zu verarbeiten, mich als Charpie benutzte und mich in die offene Wunde der Zeit legte.“

Johannes Falk hatte kurz vorher 4 seiner 7 Kinder verloren. Er hatte mit dem Tod seiner Kinder bereits als junger Mann große Not erlebt. Er konnte sich in die Situation hineinversetzen. Auf dieser Grundlage baute er ein umfangreiches Hilfesystem für Kinder und Jugendliche auf. 200 Jahre alt und doch Top Aktuell. Johannes Falk hat die Gnade Gottes in seinem Leben erkannt.

Auch „unsere“ Jugendlichen müssen zuallererst die Gnade Gottes erleben, dann kann und wird es praktisch werden. Jemand hat einmal gesagt:
„Manchmal geschehen merkwürdige Dinge, wenn wir beten.“

Das Gebet ist einer der entscheidenden Schritte! Bete regelmäßig für die Jugendlichen und die Not in deiner Stadt, in unserem Land und auch darüber hinaus. Bringe sie gemeinsam vor deinen Herrn. ER wird sie zueinander führen.

Das Gebet ist einer der entscheidenden Schritte! Bete regelmäßig für die Jugendlichen und die Not in deiner Stadt, in unsere Land und auch darüber hinaus. Bringe sie gemeinsam vor deinen Herrn. ER wird sie zueinander führen.

Was sagt die Bibel zum Thema Not?

Psalm 9,10; Psalm 50,15; Psalm 77,3;Jeremia 15,11; Jeremia 17,17 u.v.a.m

Beschäftigt euch mit eurer Stadt:

  • Wie viele Menschen leben in der Gemeinde, in der Stadt in der du lebst?
  • Wie ist die wirtschaftliche Situation der meisten Familien? Wie hoch ist die Arbeitslosigkeit?
  • Schickt doch mal ein „Reporterteam“ in den Ort und lasst euch berichten: Gibt es sichtbare Not?
  • Man hört viel von notleidenden Menschen und Hartz IV in Deutschland. Eine weitere Kleingruppe könnte ergründen wie hoch das Einkommen eines Hartz IV Empfängers überhaupt ist.
  • Mit den Jugendlichen erarbeiten, dass es auch etwas anderes als wirtschaftliche Not gibt. (Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen usw.)
  • Fangt an regelmäßig für das, was Gott euch gezeigt und aufs Herz gelegt hat zu beten. Fangt in kleinen Schritten an Hilfe anzubieten, sofern es euch möglich ist.
Lasst die Jugendlichen nicht alleine! Viele Projekte können Jugendliche nicht allein bewältigen. Sie brauchen nicht nur ständige Gebetsunterstützung der Gemeinde.

Transportiert die Not in die Lebenswelt der Jugendlichen.

  • Veranstaltet z. B. eine Woche des gemeinsamen Lebens auf (Hartz IV) Niveau in der Gemeinde.
  • Begleitete Straßenaktionen/Verteilaktionen in sozialen Brennpunkten
  • Sammelt gemeinsam Ideen für eure Stadt. Werdet konkret.

Dabei ist es wichtig realistisch zu bleiben. Jugendliche werden in der Regel nicht in der Lage sein eine Suppenküche, Gefängnisarbeit oder einen
Hilfstransport zu organisieren. Sie können aber bei bestehenden Projekten mitarbeiten, selbstständig Hausaufgabenhilfe in sozialen Brennpunkten leisten usw. Je nach Projekt Langfristigkeit beachten und daran denken, dass Menschen nicht durch jugendlichen Übermut oder unseren kurzfristigen Übereifer verletzt oder lieblos behandelt werden. Gott selbst fordert uns in Psalm 50,15 auf ihn in der Not anzurufen und er verspricht uns zu retten und wir sollen ihn preisen.

Gott möchte nicht, dass unsere Jugendlichen ein chilliges und oberflächliches Leben führen. Er freut sich am Lob seiner Kinder. Wenn wir mit den Jugendlichen anfangen die Not um uns herum zu sehen und Gottes Liebe durch den Dienst an den Menschen sichtbar zu machen, dann wird es uns, unsere Jugendlichen grundlegend verändern.