Der Fels des Atheismus - Warum leide ich?

Viele Menschen ziehen aus der Tatsache des Leidens den Schluss, dass es Gott nicht geben kann. Bei genauerer Überlegung bemerken wir jedoch, dass das Leiden eine Aussagen zur Existenz Gottes zulässt, sondern höchstens gegen ein bestimmtes Gottesbild spricht.
Der Fels des Atheismus - Warum leide ich?

Die Frage nach Gott

Die Existenz eines ohnmächtigen Gottes oder eines Gottes, der sich in einen Winkel des Universums zurückgezogen hat oder eines Gottes, dem das Leiden der Menschen gleichgültig ist, wäre durch Krankheiten und Katastrophen nicht in Frage gestellt.

Vielfach wird in diesem Zusammenhang argumentiert, dass Gott entweder liebend ist, aber nicht über die Macht verfügt dem Leid Einhalt zu gebieten, oder mächtig genug ist, aber das Leid trotzdem zulässt, also den Menschen nicht lieben kann. Theoretisch wäre es unter diesen Voraussetzungen also durchaus möglich, dass Gott existiert, nur könne er nicht zugleich liebend und allmächtig sein. Außer Acht lässt diese Überlegung aber die Möglichkeit, dass Gott, aus Liebe zum Menschen, von seiner Allmacht nicht immer Gebrauch macht, um Leid zu vermeiden, z.B. damit ein höheres Ziel erreicht werden kann. Gottes Offenbarung entsprechend ist dieses höhere Ziel die Existenz eines moralisch zurechnungsfähigen Menschen und der persönlichen Beziehung von Menschen, die aus freiem Willen mit Gott leben wollen und sich bewusst seinen Direktiven unterstellen.

Die Freiheit oder das gewollte Leid

Menschen, die ihre von Gott anvertraute Freiheit missbrauchen, sind offensichtlich für die größte Zahl allen menschlichen Leids verantwortlich. Kriege, Hungersnöte, Mord, Raub, Lüge, schlechte Nachrede, Ehebruch, Vertrauensmissbrauch, Ehestreitigkeiten sind Beispiele für Leiden, dass sich Menschen aus freiem Willen einander zufügen. Gott könnten wir höchstens insofern dafür verantwortlich machen, indem wir ihm vorwerfen, die Menschen gemacht zu haben, das Böse zugelassen zu haben, den Menschen nicht nur das Gute wollen zu lassen oder die bösen Absichten einzelner Menschen vor ihrer Durchführung nicht zu vereiteln. Sicher hätte Gott einen Menschen konstruieren können, der sich immer für das Richtige entscheidet. Dieses Wesen wäre allerdings nicht moralisch zurechnungsfähig gewesen, es wäre letztlich weder gut noch schlecht, denn zu einer moralisch zurechenbaren Handlung gehört die reale Möglichkeit sich auch gegen das Gute zu entscheiden. So würden wir auch einen Löwen nicht moralisch dafür verantwortlich machen, wenn er eine Antilope reißt, oder einen Mann nur für bedingt schuldig halten, wenn er einen anderen in Notwehr schwer verletzt hat, um sein eigenes Leben zu schützen; in beiden Fällen liegt kein freie Wahlmöglichkeit vor. Um einen verantwortlichen und moralisch guten Menschen haben zu wollen, muss es also die reale Möglichkeit der falschen Entscheidung geben. Darüber hinaus plante Gott den Menschen als sein Gegenüber, mit dem er Gemeinschaft haben will. Das Gemeinschaft mit einer programmierten Puppe nur sehr bedingt möglich ist, wird uns auch in unseren irdischen Verhältnissen schnell klar. Für wen wäre schon die synthetische Stimme, des von mir vorher programmierten Computers, der mich nach dem Start immer mit dem Satz „Ich liebe dich“ begrüßt, ein hinreichender Ersatz für das Bekenntnis eines von mir geliebten Menschen? Eine wirkliche, personale Gemeinschaft setzt die Freiheit voraus statt „Ich liebe dich“ auch „Ich hasse dich“ zu sagen oder statt zu helfen, den Anderen zu verletzen.

Die Orientierung oder der notwendige Schmerz

Außer dem Leiden, dass die Konsequenz der von Gott geschenkten Freiheit ist, kennen wir Leiden, welches uns warnt und auf das wir unbedingt angewiesen sind. Ohne Zahnschmerzen, würden wir kaum zum Zahnarzt gehen und erst aufmerken, wenn die Zähne verfault aus unserem Mund fallen, die Hand würde ich möglicherweise erst von der Herdplatte nehmen, wenn ich den angebrannten Geruch wahrgenommen hätte, würde ich keinen Schmerz spüren. Auch Hunger, Durst, Müdigkeit und Angst sind solche Zustände, unter denen wir leiden, die uns aber als Warnmechanismen vor stärkerem Schaden bewahren. Schmerz kann uns selbstverständlich nicht nur auf körperliche Bedürfnisse aufmerksam machen, er kann uns auch auf die Gefahr seelischen Schadens, oder mitmenschliche Probleme hinweisen.

Der Kontrast oder das bereichernde Leid

Das, was wir oben schon einmal kurz benannt haben, soll hier noch einmal gesondert erwähnt werden. Erst vor der möglichen Abwesenheit des Guten erkennen wir dessen eigentliches Wesen. Ohne Krankheit, nähmen wir die Gesundheit als natürlich. Gäbe es keinen Hass oder keine Gleichgültigkeit hielten wir eine Liebeserklärung für alltäglich oder sogar überflüssig, eine ehrliche Person schätzen wir besonders, weil wir wissen, nicht jeder Mensch ist gleich zuverlässig. Auch das Angebot Jesu, Menschen von Sünde, Krankheit und Mangel zu befreien zeigt seine Tragweite erst vor dem Hintergrund der zerstörerischen Macht der Sünde und des Leidens.

Es ist Unsinn, Gott nur das Schlechte anrechnen zu wollen, das Gute aber auf das eigene Konto zu schreiben.

Das Leid und das Gleichgewicht des Schreckens

Wenn jemand Gott trotzdem noch für das Leiden auf der Welt oder im eigenen Leben verantwortlich machen will, sollte er Gott auch für alles bisher erfahrene Gute danken. Denn natürlich ist es Unsinn, Gott nur das Schlechte anrechnen zu wollen, das Gute aber auf das eigene Konto zu schreiben. Wenn wir nun Hintergrund ehrlich eine Rechnung aufmachen wollen, bin ich davon überzeugt, dass bei den meisten Menschen, trotz allem Klagen, das Gute bei weitem überwiegt. Dabei sollten wir auch an all das Gute denken, das wir wie selbstverständlich in Anspruch nehmen: unser Leben, die Sprache, Eltern, Gemeinschaft mit Freunden, eine Wohnung, Geld, Nahrungsmittel, Menschen, die uns zuhören und denen wir etwas bedeuten, den Verstand, funktionsfähige Glieder, Gesundheit an den meisten Tagen unseres Lebens …
Eine Aufrechnung des Guten und Bösen, dass uns in unserem Leben geschieht wird in den meisten Fällen dazu führen, dass wir ehrlicherweise beginnen müssten, Gott für all das zugelassene oder sogar bewirkte Gute zu danken.

Das Recht auf Glück und Leidensfreiheit

Hinter der Frage: Warum lässt Gott das zu? steht oft die Annahme, dass die Leidensfreiheit natürlich oder sogar verdient sei, dass Gott verpflichtet sei, uns nur Gutes zustoßen zu lassen. Wer garantiert uns aber ein solches Recht auf Glück? Wenn wir beginnen von Gott zu fordern, was uns zusteht, müsste jeder von uns im Leid versinken und schon bald sterben. Gott hat das gerechte Urteil gesprochen: Jeder wird für seine Taten bestraft! Da es keinen Menschen gibt, der die Gebote und Maßstäbe Gottes hält, müssen alle bestraft werden. Von Gott könnten wir allerhöchstens dann Glück und Leidensfreiheit einfordern, wenn wir vollkommen sündlos wären. Sollte das nicht der Fall sein, haben wir eigentlich keinen Anlass uns über Leiden zu beklagen. Leiden ist, wenn wir von Gott Gerechtigkeit fordern, der Normalfall, Verschonung von Leiden ist unverdiente Gnade.

Wert des Leides

Leid generell abzulehnen entspricht der leidensscheuen Ausrichtung der postmodernen Erlebnisgesellschaft. Alles muss praktisch verpackt, angenehm, immer verfügbar und leicht konsumierbar zur Verfügung stehen. Der Gedanke, dass Leiden neben seiner Schutzfunktion auch andere positive Auswirkungen haben könnte, ist weitgehend verdrängt. Dabei sind auch heute noch viele Güter nur über den Weg des Leidens zu erreichen. Niemand gewinnt eine Fußballweltmeisterschaft ohne viel zu schwitzen und ohne Muskelkater, kaum einer wird eine Prüfung bestehen ohne mühsames Lernen und unangenehme Gefühle vor dem Examenstermin, wer lernt Geduld, ohne Erprobung, wer lernt Vertrauen ohne Situationen, in denen er ganz auf den Anderen angewiesen ist? Leiden kann dazu beitragen, ein Ziel zu erreichen, oder eine Fähigkeit zu stärken, die erst in schwierigen Situationen zum Tragen kommt.

Gott als mitleiender Gott

Gott freut sich nicht über das Leiden der Menschen, er schaut auch nicht unbeteiligt oder gar erfreut zu, sondern er stellt sich an die Seite des leidenden Menschen. Niemand muss in seinem Leid allein sein, Gott ist da, der die Situation versteht und mitleidet. Es bleibt aber nicht nur bei einem passiven Mitleiden. Gott hat sich so vom selbstverschuldeten Leiden der Menschen betreffen lassen, dass er sich für dessen Beseitigung einsetzt, Israel aus Ägypten befreit, Trauernde tröstet, Kranke heilt und schuldigen Menschen ihre Schuld abnimmt, um deren Folgen zu erleiden. Immer wieder verhindert Gott auch Leiden, oft ohne dass wir es bemerken. Ohne Gottes Eingreifen wäre die Welt wahrscheinlich von wesentlich mehr Leiden betroffen. Diesen Kampf gegen das Leid hat Gott sich alles kosten lassen, er hat sein Leben eingesetzt, um uns vor dem Leiden zu bewahren.

Sieg über Leid

Bei einer Auseinandersetzung mit dem Leid dürfen wir nicht nur den gegenwärtigen Zustand vor Augen haben. Wir müssen uns klar werden, dass Leid nicht der Endzustand unseres Lebens und der Welt insgesamt ist, sondern, dass Leid an sich nur vorläufig ist und letztlich Gott, durch sein Leiden in Jesus Christus, unser Leiden aufgehoben hat. So ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch das irdische Leid sein Ende finden wird. Gott hat versprochen, die Menschen und die ganze leidende Schöpfung zu erneuern und zu befreien. Bei Gott wird kein Hunger, keine Gewalt und keine Krankheit mehr sein.

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