Neue Mitarbeiter gewinnen

Mitarbeiter heranzubilden ist eine Aufgabe, die immer im Blick des Mitarbeiters sein sollte. Erfahrungen aus der Praxis für die Praxis.
Neue Mitarbeiter gewinnen

„Hättest du nicht mal Lust …“ Mit diesen oder ähnlichen Worten wird versucht neue Leute für die Mitarbeit zu gewinnen. Mitarbeitergewinnung ist wichtig. Doch ich beobachte immer wieder, dass das Anliegen neue Leute für die Mitarbeit zu gewinnen erst dann einsetzt, wenn andere Mitarbeiter aufhören und es zu Engpässen kommt. Verständlicherweise wird man aus der Not heraus aktiv. Diese Vorgehensweise ist typisch, aber sie ist zu kurz gegriffen. Das Anliegen neue Mitarbeiter zu gewinnen, sollte permanent vorhanden sein. Jeder Mitarbeiter sollte einen Teil seiner Aufmerksamkeit darauf verwenden, Ausschau nach potentiellen neuen Mitarbeitern zu halten. Wer betend die Augen offen hält, der wird Menschen mit Begabungen entdecken.

Das wär doch mal was für dich

Über das Ausprobieren kann der potentielle Mitarbeiter herausfinden, ob die Aufgabe zu ihm passt und ob Gott ihm Gaben dafür gegeben hat. Aber die Einstellung „ich kann’s ja mal ausprobieren“ ist ein schwacher Ansatz. Hier müssen wichtige Dinge hinzukommen, im Voraus bedacht und gemeinsam besprochen werden. Zum Beispiel: Welche Erwartungen habt ihr beide an die Mitarbeit? Wie willst du herausfinden, ob du für diese Aufgabe begabt bist? Was machst du, wenn du feststellst, dass das nicht deine Begabung ist? Wie lange soll die Phase des Ausprobierens gehen? Wann mündet sie in verbindliche Mitarbeiterschaft oder in die Erkenntnis, besser wieder aufzuhören?

Wenn wir Leute zum Ausprobieren hinzunehmen, aber diese Fragen nicht bedenken, dann kann aus der Chance, einen neuen Mitarbeiter zu gewinnen, auch eine Gefahr werden. Es kann sein, wir bekommen einen Problemfall hinzu oder jemand scheitert und verliert für Zeiten die Lust an jeglicher Mitarbeit. Beides sollte, wenn möglich, vermieden werden.

Kennenlernphase mit Begleitung

Wer gerne mitarbeiten möchte, sich aber noch nicht sicher ist, ob das sein Platz ist, mit dem sollte man eine Kennenlernphase ausmachen, beispielsweise von einem Jahr. Den neuen Mann (oder die Frau) sollte man noch nicht als neuen Mitarbeiter vorstellen, sondern beispielsweise als „Helfer“.

In dieser Zeit wird er von einem erfahrenen Mitarbeiter begleitet.

Wichtig ist, dass der erfahrene Mitarbeiter sich Zeit für den Neuen nimmt. Am Anfang sollte über Dinge gesprochen werden wie natürliche Begabungen, was man gerne macht, wo man seine Stärken und wo seine Schwächen sieht. Die Frage nach geistlichen Begabungen ist bedeutend, besonders junge Christen können damit aber zunächst nicht viel anfangen. Da auch die „Helferaufgabe“ eine Mitarbeit im Reich Gottes ist, bringen wir sie betend vor Gott und erwarten seine Führung.

Im Lauf dieses Jahres darf der „Helfer“ sich – wenn möglich –  in einigen Gebieten ausprobieren (nach Absprache):

  • Technischer Bereich
  • Kreativer Bereich (Deko, etc.)
  • Musikalischer Bereich
  • Organisatorischer Bereich
  • Beziehungsorientierter Bereich: Aufbau und Pflege von persönlichen Kontakten
  • Geistlicher Bereich: Vorbereitung einer Andacht oder Bibelarbeit, Seelsorge, Jüngerschaft, Evangelisation etc.

Liebevolle Begleitung

Regel Nr. 1 in der liebevollen Begleitung ist Ermutigung. Ein Lob oder ein aufmunterndes Wort machen Mut und sind für jeden, der irgendwo mitarbeitet, eine Stärkung.

Paulus ist ein Vorbild als Ermutiger. Lies dazu mal Philipper 1,3-11. Einfach großartig, wie er die Christen in Philippi ermutigt.

Ebenso wichtig wie die Ermutigung ist das Feedback. Wie ein Fußballtrainer, der seine jungen Kicker beobachtet und schnell erkennt, wer ein begabter Abwehrspieler, Mittelfeldspieler oder Stürmer ist, so achten erfahrene Mitarbeiter auf die Neuen und beobachten, wie sie ihre Arbeit tun. Ist der Helfer mehr personenorientiert oder mehr sachorientiert? Ist er eher ein extrovertierter oder ein introvertierter Mensch? Hat er eine Redebegabung? Ist er tatorientiert? Ist er kreativ – wenn ja, in welchen Bereichen? Ist er musikalisch? Ist er zuverlässig? Ist er pünktlich? Vergisst er schnell etwas? Wie geht er mit Kritik um? Wie gibt er geistliche Inhalte weiter?

Wir müssen Gelegenheiten suchen und schaffen, wo wir uns Zeit zum Feedback nehmen. Dabei besteht unsere Aufgabe nicht darin, dem Anderen Noten zu geben wie ein Schullehrer. Wir fragen ihn, wie er sich selbst erlebt hat. Wir spiegeln ihm das, was er gut gemacht hat, und machen ihn aufmerksam auf Dinge, die nicht so gut waren, und denken gemeinsam mit ihm darüber nach, wie man was besser machen könnte. Über einen solchen Prozess der liebevollen Begleitung helfen wir dem Neuling seine Begabungen zu entdecken. Ich bin überzeugt, wenn das ein fester Bestandteil der Arbeit von erfahrenen Mitarbeitern ist, werden wir im Laufe der Zeit und durch Gottes Hilfe viele neue, begabte Mitarbeiter hinzugewinnen. Und anderen werden wir helfen herauszufinden, was nicht „ihr Ding“ ist oder wo Gott sie an anderer Stelle gebrauchen will.

Öffentlich berufen und bestätigen

Berufung hat viele Facetten. Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament geschieht Berufung auch öffentlich durch Bestätigung von Propheten, durch Jesus Christus oder die Apostel. Gott will das so, damit die Öffentlichkeit des Volkes Israel (im Alten Testament) oder der örtlichen Gemeinde (in der Apostelgeschichte und den Briefen) erkennt, dass er die betreffende Person berufen und seine Autorität bestätigend auf sie gelegt hat. Paulus weist Timotheus an, dass er in diesem Berufungsprozess (Berufung von neuen Ältesten) nicht vorschnell handeln soll (1. Timotheus 5,22). Offensichtlich bezieht sich die Warnung darauf, dass Timotheus nicht geistlich ungeeignete, also noch nicht genügend geprüfte Männer als Älteste einsetzen soll. Die Warnung richtet sich jedoch nicht gegen die Praxis der Handauflegung an sich, als Zeichen der öffentlichen Bestätigung, im Namen Gottes.

Die Berufung von neuen Mitarbeitern (beispielsweise in den Bereichen Kinder-, Jungschar-, Teenager- und Jugendarbeit) wird in den Gemeinden sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Meine Beobachtung ist, dass wir uns nicht nach dem biblischen Beispiel richten, wenn eine solche Neu-Berufung unter ferner liefen geschieht, von der kaum jemand etwas mitbekommt. Die Bibel zeigt uns, dass es dem Willen Gottes entspricht, dass zur Berufung auch ein öffentlicher Aspekt gehört. Er möchte, dass Älteste in seinem Namen Menschen bestätigen, die er berufen hat. Ich wünsche mir, dass wir in dieser Hinsicht unsere Gemeindepraxis überprüfen und überlegen, wie wir neue Mitarbeiter im Namen Gottes segnen und ermutigen und sie, für ihren wichtigen Dienst, in Verantwortung vor Gott stellen können.

Lothar Jung