Jeder trägt seine Brille

Man liest die Bibel mit verschiedenen Blick-winkeln. Das macht dieser Artikel bewusst und gibt Tipps zum Umgang

Seit meinem 3. Lebensjahr trage ich eine Brille. Ich brauche sie, um überhaupt etwas lesen zu können und dadurch zu verstehen. Bei der Bibel ist es genauso. Ohne eine Brille versteht man sie nicht und kann sie nicht auf sein Leben anwenden. Nehmen wir einmal an, du hast folgende Brille auf: „Wenn Gott jemanden nicht rettet, dann ist er ungerecht.“ Nun liest du den Satz: „Jesus ist gekommen um…sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“ (Markus 10,45) Du verstehst ihn so: „Jesus rettet nicht alle, denn er starb ja nur für viele und nicht für alle.“

Aber wenn du den Vers in dem Lichte siehst: „Jesus will Menschen retten und macht ihnen ein Angebot dazu.“, dann steht da: „Jesus rettet nicht nur einen, sondern er will möglichst viele retten.“

Es macht einen großen Unterschied, durch welche Brille man einen Text sieht.

Jeder hat eine bestimmte Sichtweise, wenn er die Bibel liest. Aber welche ist richtig?

Wie beginne ich einen Bibeltext zu verstehen?

Um zu wissen, was Gott uns durch die Bibel sagen will, müssen wir sie genau lesen. Dabei helfen folgende Fragen:

  • Was steht da?
  • Wie haben das die Leute damals verstanden?
  • Warum haben sie das so verstanden?
  • In welchem Zusammenhang steht es?
  • Was wollte Gott den Empfängern dieser Botschaft sagen?

Die wichtigste Frage ist: Was will Gott mit dem Text sagen? Es heißt nicht: Was sagt Gott mir in dem Text. Es geht darum zu sehen und zu verstehen, was da steht. Was will Gott mit dem Text sagen? Es heißt nicht: Was sagt Gott mir in dem Text Um das zu entdecken, ist intensive Arbeit nötig. Nimm dir Zeit einen Abschnitt zu bewegen. Lies ihn oft, lies ihn im Zusammenhang und in unterschiedlichen Übersetzungen. Du wirst staunen, was du entdeckst. Um deine Entdeckungen zu überprüfen, kannst du ein Bibellexikon und einen guten Kommentar benutzen.

Vorbelastet

Wenn du dich in die Bibel vertiefst, wirst du viele Dinge entdecken. Manche Entdeckungen kommen dir seltsam vor, weil in deiner Gemeinde darüber nie gesprochen wurde. Andere Entdeckungen meinst du zu kennen. Aber sei vorsichtig! Kinderstunden, Teentreff, Jugendarbeit und Predigten prägen dein Bild. Sie machen aus, mit welcher Brille du liest. Du kannst viel mehr entdecken. Wenn du dich bewusst darauf einlässt, wirst du neue Schätze heben.

Die Bibel gibt die Sichtweise vor

Glücklicherweise hilft uns die Bibel selbst sich auszulegen. Der Hebräerbrief macht vieles aus dem Alten Testament klar und deutet es auf Jesus. Er bietet also eine eigene Brille an, die ausdrückt:

„Das Alte Testament deutet auf Jesus Christus hin und ist in ihm erfüllt.“

Ein weiteres Beispiel ist die Begegnung von Philippus mit dem Kämmerer (Apostelgeschichte 8). Der Kämmerer liest Jesaja 53 und versteht: „Da muss jemand furchtbar leiden.“ Seine richtige Frage lautet, wer in dieser Erzählung leidet? Philippus trägt eine Brille, durch die er den Text in Jesus erfüllt sieht. So erklärt er dem Kämmerer die Geschichte und von da ausgehend das ganze Evangelium. Hier wird deutlich: Das ist eine Sichtweise von Jesaja 53. Ein Jude würde dieser widersprechen. Er würde die Stelle auf das Volk Israel hin deuten.

Es reicht nicht zu wissen, was da steht. Wir müssen das Gelesene in Zusammenhang mit der ganzen Bibel setzen.

Glaubwürdigkeit und Genauigkeit

Jesus sagte in Matthäus 5,18, dass nie ein Buchstabe vom Gesetz verloren gehen würde. Paulus bestätigt „alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ (2. Timotheus 3,16) Das sind Gründe die Bibel wörtlich zu nehmen. Gott ist kein Lügner und jeder Buchstabe ist wichtig.

Aber was bedeutet es, die Bibel wörtlich zu nehmen? Bedeutet es kein Schweinefleisch mehr zu essen? Oder mir die Hand abzuschlagen, wenn ich gesündigt habe?

Wenn wir biblische Texte gut in ihrer ursprünglichen Aussage verstanden haben, können wir beginnen sie für uns heute anzuwenden. Wenn wir einen alttestamentlichen Text betrachten, wissen wir mehr als die Menschen damals. Jesus war noch nicht gestorben und auferstanden. Wir dürfen jetzt die Brille aufsetzen, durch die wir sehen, dass Jesus das vollkommene Opfer ist. (Hebräer 9,26). Wir brauchen keine Opfer mehr, denn Jesus hat alles bezahlt.

Fazit

Beim Bibellesen tragen wir verschiedene Brillen. Wichtig ist, diese Blickrichtungen immer wieder an Gott auszuloten um die Bibel nicht in falschem Licht zu sehen. Der wichtigste Maßstab liegt in der Bibel selbst. Daran können wir uns orientieren und finden zu wichtiger Orientierung für unser Leben