„Ich bin total tolerant“

Toleranz meinte ursprünglich, dass ich ertrage, dass meine Mitmenschen anders glauben, denken, reden und handeln als ich. Heute aber wird meist im Namen der Toleranz Gleich-Gültigkeit gepredigt.
„Ich bin total tolerant“

Alte und neue Toleranz

Toleranz geht auf dem lateinischen Begriff „tolerare“ (ertragen, aushalten, erdulden) zurück und bedeutete früher einmal, dass ich meinen Mitmenschen, die ganz anders über Gott und die Welt denken als ich, dieselbe Glaubens- und Meinungsfreiheit zugestehe, die ich für mich selber in Anspruch nehme. Dass ich also aus meinem Wahrheits- keinen Machtanspruch ableite. Solche Toleranz schließt also starke eigene Überzeugungen nicht aus, sondern setzt diese vielmehr voraus.

Toleranz schließt starke eigene Überzeugungen nicht aus, sondern setzt diese vielmehr vorausMittlerweile aber dominiert im Westen eine andere Toleranz-Definition. Wirklich tolerant ist demnach nur jemand, der alle Überzeugungen und Lebensstile für gleich gut befindet und jeden Wahrheitsanspruch für gleich gültig. Der tolerante Mensch des 21. Jahrhunderts darf vor allem nicht behaupten, dass er die Wahrheit gefunden hat, die auch für andere gilt. Er darf seine persönliche Wahrheit haben – mehr nicht. Aber wie logisch und wie sinnvoll ist diese neue Toleranz?

Die neue intolerante Toleranz

Wenn alles relativ ist, ist auch diese Aussage relativ (nicht absolut wahr). Wenn alle Überzeugungen gleich gültig sind, gilt das auch für diese Überzeugung. Sie ist dann nicht gültiger als z.B. die Behauptung, dass Jesus Christus der einzige Weg zu Gott, dem Vater, ist. Insofern widersprechen sich die Anhänger der neuen Toleranz. Sie wollen anderen – z.B. missionarisch gesinnten Christen – im Namen der Toleranz den Mund verbieten und entpuppen sich auf die Weise als äußerst intolerante Zeitgenossen, die nur ihre eigene Sicht, dass nämlich alles gleich gültig ist, tolerieren. Dieselbe Intoleranz der (neuen) Toleranz lässt sich derzeit in vielen gesellschaftlichen – vor allem sexualethischen Debatten – beobachten.

Die neue Toleranz scheitert an der Wirklichkeit

Wenn alles gleich gültig ist, werden Menschen gleichgültig. Das ist gefährlich. Schon wenn wir über die Straße gehen wollen, müssen wir uns nach einer Wirklichkeit richten, die für alle gilt. Entweder ist die Straße frei oder nicht. Wenn wir hier die Augen vor der Wirklichkeit verschließen und nur unserer eigenen Wahrheit folgen, kann das tödliche Folgen haben. Eine Gesellschaft braucht Werte und Toleranz GrenzenAuch in anderen Lebensbereichen müssen wir Wahrheitsansprüche gegeneinander abwägen und die eine Meinung der anderen vorziehen. Denn wer kann dauerhaft ohne einen Maßstab (über)leben? Wie soll man noch zwischen Kinderliebe und Kindesmissbrauch unterscheiden, wenn alles gleich gültig ist. Eine Gesellschaft braucht Werte und Toleranz Grenzen. Wo jeder tut, was recht ist in seinen Augen, versinkt die Gesellschaft entweder in der Anarchie oder im religiösen oder politischen Extremismus.

Jesus: (in)tolerant

Mission ist heute für viele Menschen ein Reizwort. Das liegt auch darin, dass viele bis heute die Kirche und ihre Geschichte als Institution mit dem Christentum gleichsetzen. Kreuzzüge, Inquisition und Religionskriege werden dann dem christlichen Glauben angelastet. Wer sich aber mit Jesus Christus beschäftigt, bekommt ein ganz anderes Bild und eine ganz andere Prägung. Ja, Jesus erhebt einen Absolutheitsanspruch: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6) Insofern ist Jesus in der Sache völlig intolerant – aber eben auch alles andere als gleichgültig. Gerade deshalb ließ er sich von Freunden verlassen und verleugnen und von seinen Feinden verspotten, foltern und schließlich kreuzigen. Jesus hat der politischen und gewaltsamen Durchsetzung seines Reiches eine klare Absage erteilt und noch am Kreuz für seine Verfolger gebetet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Das war echte Toleranz. Keiner hat sie sich mehr kosten lassen als Jesus:

Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.Jesaja 53,5

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