Hilfen auf dem Weg der Jüngerschaft

In diesem Artikel werden drei wesentliche Probleme der Jüngerschaft angesprochen und anschließend eine Methode vorgeschlagen, wie ein Mitarbeiterkreis den Weg zur Jüngerschaft gehen kann.
Hilfen auf dem Weg der Jüngerschaft
  • Wir haben zu wenig Mitarbeiter!
  • Die Jugendlichen drehen sich nur um sich selbst und lassen sich bedienen!
  • Und: Wir haben dafür keine Zeit!

Diese Sätze sind aus den Top 10 der beliebtesten Sprüche von Jugendmitarbeitern entnommen. Und das Schlimmste ist, dass sie auch stimmen. In vielen Mitarbeiterkreisen fehlen die Leute, die Jugendlichen lassen sich berieseln und die Mitarbeiter jagen so schnell von einem Termin zum nächsten, dass der Staub nur so aufwirbelt.

Aber warum ist das so? Der Grund dafür ist nicht nur in einem Faktor zu suchen. Oft liegt es daran, dass die Jugendlichen durch ihre Eltern verwöhnt werden und Mitarbeit nicht gewohnt sind. Natürlich liegt es an der Konsumgesellschaft, die es geschafft hat uns zu vermitteln, dass Konsumieren viel besser ist als Partizipieren.

Diesen Artikel in einer Mitarbeiterzeitschrift für die Jugendarbeit werden aber die Eltern sehr wahrscheinlich nicht lesen und die „Gesellschaft“ mit ziemlicher Sicherheit auch nicht. Deswegen geht es in diesem Artikel auch nicht um das Stöhnen über unfähige Eltern oder die böse Gesellschaft, sondern darum, darüber nachzudenken, wie die Jugendarbeit Strukturen schafft, die die oben genannten Probleme selbst herbeiführen oder zumindest nicht verhindern.
Die These dieses Artikels ist, dass ein richtig verstandenes Konzept von Jüngerschaft diesen Problemen entgegenwirken kann.

Hast du den Wert von Jüngerschaft erkannt?

Über Jesus bin ich immer wieder überrascht. Wenn ich mir einen Plan zur Ankunft des Messias ausgedacht hätte, würde er wahrscheinlich anders aussehen. Geburt im besten Krankenhaus und danach Privatschule und Theologiestudium an einer Top-Universität. Und was war mit Jesus? Schäbiger Stall. Handwerkliche Ausbildung. Schuften in einem „normalen“ Job bis zum 30. Lebensjahr.

Jesus sucht sich Fischer, Freiheitskämpfer und Feiglinge gerade weil er ihr Inneres kennt.Und dann? Ich hätte vielleicht bei einer Unternehmensberatung angerufen oder einen Wettbewerb unter Bibelschülern ausgeschrieben und nach etlichen Gabentests ein perfektes Team zusammengestellt. Und Jesus? Sucht sich Fischer, Freiheitskämpfer, Feiglinge. Und das, obwohl er das Innere der Leute genau kennt. Oder gerade deswegen.

In diese 12 Leute investierte er sich. Natürlich predigte er auch vor großen Massen und vollbrachte spektakuläre Wunder. Aber der Kontakt mit den 12 Aposteln war besonders eng. Ihre Fragen beantwortete er. Ihnen machte er deutlich, wenn sie falsch lagen. Mit ihnen betete er. Ihnen gab er Aufgaben. Und er sorgte für ihre Ruhepausen.

Hatte Jesus nicht genug zu tun – schließlich predigte er selbst den ganzen Tag und heilte Menschen? Natürlich! Aber Jesus zeigt in seinem Leben deutlich, welchen Stellenwert es hat, sich in andere zu investieren. Einige dieser Leute wurden zu den zentralen Figuren der Ausbreitung der besten Botschaft der Welt und der Gemeinde. Natürlich waren sie das in der Kraft des Heiligen Geistes. Aber dafür brauchten sie auch Lehreinheiten.

Der Stellenwert der Jüngerschaft lässt sich auch bei anderen bedeutenden biblischen Personen aufzeigen. Josua lernte von Mose. Elisa von Elia. Timotheus von Paulus. Deshalb sollten auch wir uns fragen, ob der Stellenwert der Jüngerschaft in unserem Dienst deutlich wird.

Hast du Jüngerschaft richtig verstanden?

Jüngerschaft ist in den letzten Jahren erfreulicherweise zu einem oft behandelten Thema geworden. Doch diese erneuerte Theorie hat in vielen Fällen nicht zu einer erneuerten Praxis geführt.
Mein Eindruck ist, dass nun neben der eigentlichen Jugendarbeit mit einer bestimmten Gruppe von Jugendlichen Kurse ausgefüllt werden sollen, was ein zusätzlicher Zeitaufwand ist und eine neue Gruppe bedeutet. Dieser Ansatz ist nicht schlecht und es lohnt sich, die Ressourcen aufzubringen und mit jungen Leuten ins Gespräch zu kommen und sie zu fördern. Aber dieser Ansatz darf nicht dazu führen, Jüngerschaft auf die Arbeit in diesen Gruppen zu reduzieren.

Jüngerschaft bedeutet für mich, dass ich eine grundsätzliche Haltung einnehme, andere in ihren Begabungen wahrzunehmen, sie zu ermutigen und zu ermahnen und ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Aufgaben zu geben, wobei die Intensität bei der Begleitung der Aufgaben mit der Zeit nachlässt. Ziel ist, dass auch diese Jünger sich dann wieder um andere kümmern und so eine Bewegung entsteht, die Gott verherrlicht.

Zu diesem Verständnis von Jüngerschaft gehört, in Mitarbeiterbesprechungen und auf der persönlichen Ebene nach passenden Aufgaben zu suchen. Wer kann die nächste Kurzandacht übernehmen? Wer organisiert das Raclette? Wer könnte sich um den Ausflug kümmern? Das bedeutet auch, den Teilnehmern kein rein vorgefertigtes Programm zu liefern. Für Projekte soll jeder etwas mitbringen. Bei der Themenwahl sollten möglichst viele mit einbezogen werden.

Bist du bereit, den Preis für Jüngerschaft zu zahlen?

Dies fordert natürlich einen Preis. Wenn man die Andacht nicht mehr selber hält, kann es sein, dass ein Jugendlicher etwas Falsches sagt oder es langweilig wird. Wenn ein Jugendlicher den Ausflug plant, dann kann es passieren, dass etwas Wichtiges vergessen wird.

Deswegen ist es wichtig, sich den Richtigen auszusuchen, sinnvoll zu begleiten und gleichzeitig den Mut zu haben, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Fehler vollkommen in Ordnung sind. In der Praxis habe ich dabei immer die Erfahrung gemacht, dass ich positiv überrascht worden bin, wenn ich Aufgaben übertragen habe. So hat z.B. ein junger Mann, den ich kurz nach seiner Bekehrung ohne lange Wartezeit als Mitarbeiter in die Jugendarbeit eingeführt habe, nach meinem Weggehen eine wichtige Funktion in dem Mitarbeiterteam der Jugendgruppe übernommen.

Sich verletzlich machen

Jüngerschaft erfordert die Bereitschaft, sich dem anderen mit seinen Fehlern und Schwächen zu zeigen. Jüngerschaft darf dabei nie zu einem mechanischen Projekt werden, das dazu dienen soll, Aufgaben zu reduzieren. Es geht darum, sein Leben mit anderen zu teilen und als Lernender anderen Lernenden weiterzuhelfen. Dazu gehört, dass man etwas von sich preisgibt und sein Leben für den Anderen öffnet. Seine Gefühle und Gedanken, seine Pläne und Schwächen, sein Haus und seine Familie. Das macht verletzlich. Das erfordert die Bereitschaft, sich dem anderen mit seinen Fehlern und Schwächen zu zeigen. Das hilft einem Jünger aber enorm, am praktischen Beispiel zu lernen.

Gewohntes verlassen

Dabei ist es notwendig, sich aufzuraffen und gewohnte Bahnen zu verlassen. Auch wenn man sich als Mitarbeiter an die kuscheligen Frontalgruppen- stunden gewöhnt hat und damit selbst zum Auslöser der Abhängigkeit und Untätigkeit der Jugendlichen geworden ist, ist es notwendig, diese Strukturen aufzulösen und sich auf einen gemeinsamen Weg zu begeben. Das erfordert den Mut, die Jugendlichen zu beteiligen, sie zu befragen, sie machen zu lassen und ein Stück der eigenen Kontrolle abzugeben.

Auf den Einzelnen schauen

Jüngerschaft bedeutet auch, sich auf den Einzelnen einzulassen, sich individuell um seine Situation zu kümmern und sich mit den konkreten Problemen zu beschäftigen. Suche nach einem individuellen Zugang. Nach einer Jugendstunde kam ein Jugendlicher auf mich zu, erzählte mir von seinen Beziehungsproblemen und der Angst, dem Nebenbuhler einer Freundin bei einem Treffen am nächsten Tag auf die Fresse zu hauen. Daraufhin habe ich ihm vorgeschlagen, ihn zu dem Treffen zu begleiten und mich danach wöchentlich mit ihm zu treffen, um über sein Problem zu reden und ihm im Glauben weiterzuhelfen. Nachdem ich mit zittrigen Knien das Gespräch ohne blutige Nase überstanden hatte, fingen wir mit unseren Treffen an, und ich durfte das Wachstum und den Entschluss zur Taufe des Jugendlichen miterleben.

Mit einem anderen jungen Mann habe ich mich regelmäßig getroffen, wir sind spazieren gegangen, haben uns über unsere Situation und unsere Ehen ausgetauscht und danach gemeinsam in der Bibel gelesen und gebetet. Ich konnte geistliches Wachstum miterleben. Auch hier war es wichtig, einen individuellen Zugang zu finden.

Das bedeutet, dass die Jugendarbeit dann nicht nur ein Programm von zwei Stunden ist, sondern sich auch in Gesprächen durch die Woche zieht.

Bist du bereit, den Weg der Jüngerschaft zu gehen?

Meine Hoffnung ist, dass du neu von den Möglichkeiten der Jüngerschaft gepackt bist und dass du dich entschieden hast, den Preis für Jüngerschaft zu zahlen.
Im Folgenden findest du einen Weg, den du mit deinem Mitarbeiterteam gehen kannst, um das Prinzip der Jüngerschaft in eure Jugendgruppe zu integrieren.

  • Thematisiert Jüngerschaft in einer Mitarbeiterbesprechung. Einer von euch hält ein Impulsreferat zum Thema. Oder ihr ladet einen Jugendreferenten ein, der euch von seinen Erfahrungen berichten kann.
  • Sucht ein gutes Buch zum Thema Jüngerschaft, lest es alle und unterhaltet euch im Anschluss darüber. Empfehlenswert ist z.B. das Buch „Dynamik biblischer Jüngerschaft“ von Guido Wolff.
  • Überlegt gemeinsam, wie Jüngerschaft in eurer Jugendgruppe gelebt werden kann. Denkt z.B. darüber nach, welche Teams gebildet werden können und wie die Teens in die Planung mit einbezogen werden können.
  • Sucht euch pro Mitarbeiter einen Teen aus, dem ihr anbieten wollt, ihn gezielt zu begleiten.
  • Nehmt den Punkt Jüngerschaft mit auf die Tagesordnung eurer Mitarbeiterbesprechung. Tauscht euch über eure Erfahrungen aus und überlegt, wie ihr die Teens in eure Arbeit mit einbeziehen könnt.
  • Vielleicht ist es für euch sinnvoll, von einem erfahrenen Mitarbeiter dabei begleitet zu werden. Dann könnt ihr gerne mit der Christlichen Jugendpflege (www.christ-online.de) Kontakt aufnehmen, oder in Ostdeutschland mit www.jumikon.de, die euch bei diesem Prozess unterstützen wollen.