Endlich raus!

Wie kriege ich mit meiner Jugendgruppe raus, wie wir unsere Umwelt beeinflussen? Welche Schritte muss ich tun, damit wir herausfinden, was für Möglichkeiten und Begabungen wir haben?
Endlich raus!

Seit einiger Zeit bin ich über viele Gemeinden und Jugendgruppen frustriert. Ich erlebe, wie man sich um sich selber dreht, wie nebensächliche Probleme gewälzt werden und ein Glaubensleben praktiziert wird, dass auf die offiziellen Stunden in der Gemeinde beschränkt ist. Und das Problem ist, dass ich oft auch nicht besser bin und mich frage, wie ich aus der Falle herauskomme.

Auf der anderen Seite höre ich in letzter Zeit immer mehr Berichte von wachsenden Gemeinden, die sich sozial und lokal engagieren. Da ist eine Gemeinde, in der sich einige Studenten zusammengetan haben und in einem kleinen Dorf ein Restaurant eröffnet und Gemeinde gegründet haben, die innerhalb weniger Jahre auf mehrere hundert Mitglieder gewachsen ist. Da ist eine Jugendgruppe, die die bequemen Wege verlassen und sich für die Jugendlichen in der Stadt engagiert hat und auf 100 Jugendliche angewachsen ist und Jugendgottesdienste mit über 500 Jugendlichen feiert. Und das passiert nicht in China oder Afrika das passiert in Orten hier in Deutschland. Der Boden ist nicht hart sind es unsere Herzen?

Ich habe die Sehnsucht, dass wir in unseren Gemeinden und Jugendkreisen dieses Wachstum auch erleben.

Da ich erst am Beginn des Weges bin kann ich noch kein fertiges Konzept und noch keinen erfolgreichen Bericht abliefern, möchte aber trotzdem im Folgenden einige Schritte zu einem methodischen Vorgehen entwickeln:

1. Willst du wirklich?

Irgendwie ist es doch bequem, sich mit seiner Jugendgruppe einmal die Woche zu treffen, ein Programm von zwei Stunden abzuspulen und dann nach Hause zu gehen. Zeit ist in unserer Gesellschaft ein hohes und begrenztes Gut. Deswegen buchstabiert man Liebe in der Postmoderne auch Z – E – I – T. Auch das Zusammensein mit lieben Gemeindejugendlichen, die brav die Bibel mitbringen und wenig Widerworte geben, ist etwas anderes als der Umgang mit rotzfrechen Teens, die deinen Glauben lächerlich finden, deren normaler Umgangston aus Schimpfwörtern besteht und die dir ihr Handy wegen der Filmclips darauf wohl nie in die Hand drücken würden. (Ist sehr polemisch, es gibt auch viele nette, nicht-christliche Teens)

Beschränkt sich deine Sicht von Evangelisation auf Veranstaltungen, zu denen du mit Flyern in Briefkästen einlädst. Oder hast du schon erkannt, dass Jesus engen Kontakt mit den „Zöllnern und Sündern“ hatte, dass wir als „Salz und Licht der Welt“ unserem Umfeld Gutes tun sollen, damit die Menschen die guten Werke sehen und unseren Vater im Himmel loben. Wir müssen die Sichtweise aufgeben, in der Evangelisation und Diakonie getrennt werden. Gute Werke müssen das Weitersagen der frohen Botschaft begleiten.

Dabei habe ich aber erfahren, dass ein Überwinden meiner Bequemlichkeit und ein Zugehen auf andere Menschen keine quälende Erfahrung ist, sondern mich erfüllt und Gott erfahren lässt.

Die Frage ist, ob du das für dich so erkannt hast und ob du bereit bist, deine Bequemlichkeit aufzugeben. Bist du?

2. Und das Team?

Du brauchst jetzt bei diesem Punkt eigentlich gar nicht mehr weiterlesen, wenn du bei der Frage oben mit „Nein“ geantwortet hast. Schade. Viel Spaß beim Lesen der anderen Artikel.

Schön, dass du mit „Ja“ geantwortet hast. Du bist bereit. Du bist begeistert vom Bau von Gottes Reich. Das ist cool. Aber in der Jugendarbeit bist du wahrscheinlich (hoffentlich) nicht alleine. Da gibt es noch andere Mitarbeiter. Und denen musst du zuerst vermitteln, wie wichtig es ist, sich für sein Umfeld zu engagieren. Aber wie geht das?

Nur wer begeistert ist, kann andere begeistern. Nur wer brennt, kann andere anzünden. Du solltest also leidenschaftlich für den Bau des Reiches Gottes eintreten. Dann kannst du den Mitarbeiterkollegen schon mal nebenbei einige Informationen zum schmackhaft machen und inspirieren zukommen lassen (gute Predigten zum Thema, inspirierende Podcasts (wie den „WillowYouthPod“) und vielleicht schon mal dieses Magazin. Und dann schlag doch mal vor, das Thema auf die Agenda eurer Mitarbeiterbesprechung oder vielleicht sogar eurer Klausur zu setzen und berichte in diesem Rahmen von deinen Ideen.

3. Mehr als ein Projekt

Wichtig ist, dass der dienende Umgang mit den Menschen nicht zum Projekt wird. „Ah, was steht heute auf dem Programm. Ach ja: Gutes tun.“ Wenn wir dann heute einer alten Frau über die Straße geholfen haben, ist das fürs nächste halbe Jahr wieder erledigt. Dann kommen in den nächsten Jugendstunden wieder die Bereiche Anbetung und Gemeinschaft dran. Projekte haben ihren Wert. Sie können hilfreiche, positive Erfahrungen vermitteln. Aber sie sind kein Selbstzweck. Das Ziel ist nicht die Umsetzung des Projekts, sondern die Einübung eines dienenden Lebensstils. Dabei habe ich beobachtet, dass die Projekte auch an den zentralen Bedürfnissen der Menschen vorbeigehen. Unsere Aufgabe ist es, herauszufinden, welche die eigentlichen Bedürfnisse sind.

Du bist begeistert. Das Team ist begeistert. Die Jugendlichen wissen Bescheid. Es kann losgehen. Aber wie? Spannende Frage. Bei mir habe ich festgestellt, dass der Wunsch da ist, aber die Umsetzung wirklich nicht so einfach.

4. Wie kann es praktisch losgehen?

a) Gebet

Weil wir fromm sind, fangen wir an zu beten. Aber nicht nur weil wir fromm sind, sondern weil Gott die Augen öffnen kann für konkrete Problemlagen. Immer wieder bin ich begeistert, wie Jesus die Menschen angesehen hat.

Ich sehe mir oft Leute an, und stecke sie in eine bestimmte Kategorie. „Wie der guckt, der ist ja auch nicht ganz hell im Kopf.“ Oder: „Der hat seine Nase aber weit oben, was für ein arroganter Kerl.“ Immer wieder zischt es durch den Kopf. Schublade auf  Typ rein. Jesus sah die Menschen und sein Innerstes kehrte sich um. Er fühlte mit den Menschen mit. Sie waren keine Missionsobjekte, die er auf seine Abschussliste gestellt hat. Er fühlte mit ihren Nöten und Problemen mit. Mein Gebet ist, dass Gott mir dieses mitfühlende Herz schenkt.

Vielleicht könnt ihr das Thema mal in einer Jugendstunde behandeln und danach für die Jugendlichen der Stadt und für euch selber beten .

Wichtig ist, dass der dienende Umgang mit den Menschen nicht zum Projekt wird! „Ah, was steht heute auf dem Programm. Ach ja: Gutes tun.“

b) Losgehen und die Augen offen halten

Meist beginnt der Kontakt mit den Menschen, indem man zu ihnen geht. Mein Erstkontakt mit der Offenen Jugendarbeit der Stadt begann mit einem Besuch dort. Es war kein Problem, sich da ehrenamtlich zu engagieren. Und jetzt kenne ich die Jugendlichen. Jetzt kenne ich wichtige Ansprechpartner für die Jugendarbeit in der Stadt. Und jetzt verstehe ich die Problemkonstellationen besser.

Kennst du deine Stadt? Weißt du, wie es den Jugendlichen geht und wo besondere Problemlagen sind?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich da zu informieren:

  • Nimm dir am besten regelmäßig den Lokalteil der Zeitung vor und schau nach, was deinenOrt bewegt
  • Mach mal öfter mit offenen Augen einen (Gebets-) Spaziergang durch den Ort und lass dich inspirieren.
  • Schau mal im Jugendzentrum vorbei und rede mit dem Sozialarbeiter über die Situation.
  • Macht doch mal als Jugendgruppe eine Umfrage unter Jugendlichen und fragt einfach, wie sie den Ort finden und was sie sich wünschen.
  • Wenn ihr euch entschlossen habt, etwas anzugehen, dann fragt doch mal den Bürgermeister eures Ortes, wo er Aufgaben sieht.

c) Die Fähigkeiten und Möglichkeiten des Teams berücksichtigen

Neben der Situation des Ortes gilt es auch, eure Fähigkeiten und zeitlichen Möglichkeiten zu bedenken. Dass fehlende Zeit ein großes Problem ist, haben wir ja bereits festgestellt. Deswegen ist die Frage wichtig, ob ihr das wirklich angehen wollt. Dann seht eure Terminkalender durch und schaut euch eure Prioritäten an. Kann vielleicht ein anderer Termin wegfallen. Wir sind oft mit frommen Terminen so beladen, dass keine Zeit mehr für die unfrommen bleibt. Ob das in Gottes Sinn ist? Wenn meine Woche aus Bibelstunde, Hauskreis, Chor, Jugend besteht und dann vier Abende in der Woche weg sind, ist esverständlich, dass keine Zeit mehr bleibt. Aber auch wenn die Woche gefüllt ist mit Fitnessstudio, Kinobesuch, Sporttraining, Computerabend bleibt keine Zeit mehr.

Hast du da die richtige Balance gefunden?

Zusätzlich gilt es auch, eure Fähigkeiten anzschauen. Der eine ist ein super Musiker. Wie wäres mit kostenlosen Gitarrenkursen? Der andere hat eine 1 in Mathe. Zum ersten Mal könnte er das sinnvoll einsetzen und Nachhilfe geben. Noch ein anderer hat zwei intakte Arme. Renovierungshilfe ist möglich.

Wenn man sich kreativ die Möglichkeiten anschaut, dann findet man viele Begabungen, die tätige Nächstenliebe möglich machen.

d) Ein Konzept erstellen

Und dann wird es konkret. Wo sind die Bedürfnisse in der Stadt. Was sind unsere Ressourcen? Was wollen wir angehen? Ein Konzept sollte erstellt werden, dass das Vorgehen und die Ziele beschreibt. Wichtig ist, dass dieses Konzept möglichst konkret ist.

Die oben dargestellten Fragen sollten in einem guten Konzept beantwortet werden und können als Leitfaden zur Erstellung dienen.

e) Und jetzt los

Und dann geht es los. Das Angebot publik machen. Die Zeitungen nutzen. Freunde informieren. Bei einer Hausaufgabenhilfe können z.B. die Schulen angesprochen werden. Die Hürde des „jemand könnte mal“ oder „es wäre auch gut wenn“ überwinden und auf die Menschen zugehen, um im direkte Umgang miteinander Gottes Liebe weiterzuleben.