Emotionen und Musik

Ich bin relativ zurückhaltend geprägt. Mitsingen war bei uns sehr nüchtern, ernst und ruhig. Man saß auf seinem Platz und schaute in sein Liederbuch. Von …
Emotionen und Musik

Ich bin relativ zurückhaltend geprägt. Mitsingen war bei uns sehr nüchtern, ernst und ruhig. Man saß auf seinem Platz und schaute in sein Liederbuch. Von meiner Persönlichkeit her bin ich aber sehr emotional. Ich liebe Musik und spiele schon viele Jahre leidenschaftlich Gitarre. Dabei fühle ich den Rhythmus, spiele gerne schwungvoll und erfreue mich daran. Erst auf Jugendfreizeiten habe ich gelernt, dass man seine Gefühle bei der Musik auch mehr zeigen kann. Die Erklärung warum der gemeinsame Gemeindegesang so „nüchtern“ abliefen, lautete immer ungefähr so: Emotionen zeigen -> (führt zum) Reinsteigern -> emotionsgesteuert -> Gefahr von Trance -> BÖSE!!! Argumentiert wird fälschlicherweise mit der Nüchternheit (1); Emotionen seien eher böse und verdächtig. Es dauerte einige Jahre und ein bisschen ehrlicheres Bibelstudium, um mein einseitiges Verständnis aufzurütteln. In unserem Grundsatzartikel (https://www.cj-lernen.de/beitrag/) hast du vielleicht schon gelesen, was die Bibel zu Emotionen sagt. Der Mensch besteht aus Emotionen. Emotionen sind nichts Böses, sondern von Gott in uns hineingelegt. Gefühle und Verstand sollte man bei der Musik nicht trennen. So wie es die Bibel auch nicht tut:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit all deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand.“Lukas 10,27 NeÜ

Musik regt unsere Emotionen an. Das ist von Gott so gewollt. Sonst könnten wir uns die Texte auch einfach vorlesen. Aber Gott hat Musik für das Herz erschaffen weil unser Herz sich Wahrheiten viel tiefer merken kann als unser Verstand.


(1) Nüchternheit (seid nüchtern, vgl. Titus 2,2) ist in der Bibel nicht das Gegenteil von Emotionalität, sondern von Ausschweifungen und Unkontrolliertheit.

Wie Text und Melodie zusammenwirken

Lobt ihn mit Hörnerschall! Lobt ihn mit Harfe und Zither! 4 Lobt ihn mit Tamburin und Reigen! Lobt ihn mit Saitenspiel und Flöte! 5 Lobt ihn mit klingenden Becken! Lobt ihn mit schallenden Becken! 6 Alles, was Atem hat, lobe Jah! Halleluja!Psalm 150,3-6

Die Bibel gibt uns in Sachen Musik wenig vor. In den Psalmen werden viele Instrumente eingesetzt, Liedteile wiederholt, instrumentale Zwischenspiele und einige weitere Stilmittel eingesetzt. Musik darf variieren, sich entfalten und das was sie gut kann: uns mitreißen. Auf positive Art und Weise: Musik hat die Kraft, mich aus meiner emotionalen Alltagsverfassung weg auf Gott zu fokussieren. Lobpreismusik für Gott sollte genau das tun. Die Melodie soll mich zum Text reißen, der Gott ehrt. Die Melodie soll mich zum Text reißen, der Gott ehrt. Dadurch können sich gute Texte einprägen oder zu gesungenen Gebeten werden. Sie können mich ermutigen oder herausfordern. Ich brauche eine Melodie, die meine Emotionen weckt und ich darf emotional mitgehen, um mit meinem Herzen bei der Sache zu sein. Ein Refrain oder eine Liedzeile so häufig zu wiederholen, dass ich emotional übertrieben stimuliert werde, halte ich für nicht zielführend, weil es nicht mehr um den Text – und damit nicht mehr um Gott – geht, sondern nur um die Melodie. Aber mit der Melodie mitzugehen, sich zu bewegen, sich auszustrecken oder die Augen zu schließen, um sich besonders auf den Text zu konzentrieren, ist dagegen total natürlich. Für mich ist es sehr wichtig geworden, Emotionen zeigen zu können, damit ich äußerlich das ausdrücken kann, was ich mich innerlich bewegt. Also damit ich authentisch anbeten kann.

Emotionen zeigen und welche Anbetungshaltung ist besser?

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Wie ich meine Emotionen zeige ebenfalls. Manche zeigen ihre Emotionen nur sehr selten und zurückhaltend, andere – wie ich – müssen bei manchen Liedern (z.B. bei „Komm zu Jesus“) sogar weinen. Warum gucken wir immer auf andere? Warum verurteilen wir die Ausdrucksform meines Gegenübers beim Lobpreis? Wer gibt uns das Recht dazu? Nur Gott sieht das Herz an. Wir sollte den anderen beim Singen nicht verurteilen, wenn er seine Emotionen mehr oder weniger ausdrückt. Geben wir unterschiedlichen Ausdrucksformen von Emotionen gleichermaßen Raum. Es gibt keine äußerlichen Vorgaben zur richtigen Gebets-oder Lobpreishaltung. Während in einigen Stellen von erhobenen Händen die Rede ist (1.Timothes 2,8), reden andere Texte vom Gebet auf Knien.

Wir sollten uns hüten, Geschwistern aufgrund ihrer äußeren Ausdrucksform eine falsche innere Haltung zu bescheinigen.

Freiheit, Authentizität und Einheit

Die Diskussion welche Haltung besser ist, ist in sich unbiblisch, weil Gott viel wichtiger ist, ob unsere Anbetung ehrlich ist und unser Leben diese Anbetung widerspiegelt (vgl. Amos 5,23-24). Die Freiheit, die uns die Bibel bei der äußeren Haltung gibt, sollten wir unseren Geschwistern ebenfalls zugestehen, sonst schaffen wir neue Gesetze und Regeln wie die Pharisäer.

Er aber sprach zu ihnen: Treffend hat Jesaja über euch Heuchler geweissagt, wie geschrieben steht: „Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir.Markus 7,6 ELB

Das Wichtigste ist, dass wir bei unserer Anbetung ehrlich sind. Gott möchte keine Menschen, die ihn mit ihren Lippen ehren, sondern mit ihren Herzen. Wir brauchen den gemeinsamen Gesang, um uns zu ermutigen und um vom Heiligen Geist erfüllt zu werden (vgl. Epheser 5,19). Übrigens bin ich davon überzeugt, dass wir den Heiligen Geist nicht durch Licht- und Soundeffekte stimulieren können, aber wir können durch eine passende Atmosphäre die Ablenkung senken und damit die Konzentration auf den Lobpreis fördern. Letztendlich geht es aber immer um mein eigenes Herz. Man kann in stocksteifen Anbetungsstunden mitsingen ohne das zu meinen, was man singt. Das Gleiche kann aber auch bei hoch modernen Lobpreiszeiten passieren.

In der äußeren Form haben wir viel Freiheit. Nutzen wir diese, um Emotionen und Verstand so anzusprechen, dass wir Gott mit ganzen Herzen, und mit ganzem Verstand anbeten und lieben!

Und meine große Bitte: Lasst uns gemeinsam aus vollem Herzen singen, (vgl. Eph. 5,19 NeÜ) statt aus voller Kehle über Musik zu streiten. Lasst uns gemeinsam aus vollem Herzen singen, statt aus voller Kehle über Musik zu streiten.

Wir Christen könnten mit gegenseitigem Verständnis für unterschiedliche Melodie-, Sprach-, oder Ausdrucksstile die vom Herrn geschaffene Einheit zwischen allen Generationen und Denominationen bestens demonstrieren. Aber wir versagen viel zu oft in unserem Zeugnis. Dabei sollte gerade die gegenseitige Rücksichtnahme der geistliche Charakter einer Gemeinde sein:

2 Nun, dann macht meine Freude vollkommen und haltet entschlossen zusammen! Lasst nicht zu, dass euch etwas gegeneinander aufbringt, sondern begegnet allen mit der gleichen Liebe und richtet euch ganz auf das gemeinsame Ziel aus. 3 Rechthaberei und Überheblichkeit dürfen keinen Platz bei euch haben. Vielmehr sollt ihr demütig genug sein, von euren Geschwistern höher zu denken als von euch selbst. 4 Jeder soll auch auf das Wohl der anderen bedacht sein, nicht nur auf das eigene Wohl. 5 Das ist die Haltung, die euren Umgang miteinander bestimmen soll; es ist die Haltung, die Jesus Christus uns vorgelebt hat.Philipper 2, 2-5 NGÜ

Das ist die Haltung, die Jesus Christus uns vorgelebt hat. Das wünsche ich mir bei diesem emotional aufgeladenen Thema. Vielleicht sollten wir die emotional verunglimpfenden Briefe, Emails und Gespräche untereinander sein lassen und dafür lieber mit ganzem Herzen gemeinsam Gott anbeten, egal wie ich meine Emotionen dabei zeige.