Den Teenies ein Freund sein

Teenager lösen sich vom Elternhaus, suchen Zugehörigkeit in Cliquen – ihrem Trainingsfeld für Sozialverhalten. Was können Mitarbeiter tun, um diesen Prozess positiv zu beeinflussen?
Den Teenies ein Freund sein

Teens lösen sich vom Elternhaus und suchen ihre Zugehörigkeit in Cliquen. Erinnerst du dich noch daran, wie es bei dir war, als es zu Beginn der Pubertät ganz wichtig war, deine Beziehung (zumindest nach außen sichtbar) zu deinen Eltern zu lockern, du auf der anderen Seite aber auch gesucht hast nach Zuwendung, Vorbildern, Halt und Orientierung sowie Werten und Grenzen? Deine Freunde durften dir sagen, was gut und schlecht für dich ist, aber wenn deine Eltern mit den gleichen Argumenten kamen, stelltest du die Ohren auf Durchzug und du konntest dir nicht vorstellen, dass sie es gut mit dir meinten.

Inzwischen schmunzeln wir bei dem Gedanken an unsere Teenagerzeit. Aber so ernst, wie es uns damals war, nicht so zu sein und zu handeln wie unsere Eltern (und das nicht, weil wir unsere Eltern nicht schätzten, liebten oder respektierten, sondern weil das zum Erwachsenwerden dazu gehört), genauso geht es den Teenagern heute. Die Zugehörigkeit in Freundeskreisen und Gruppen zu suchen, ist also kein neues Phänomen, kein neuer Trend. Auch in meinem Leben gab es geduldige, liebevolle, engagierte und manchmal vielleicht auch genervte Teenager- und Jungendmitarbeiter, die mich in dem Prozess aufgefangen und begleitet haben. Allerdings hat sich bereits in den letzten zehn Jahren die „Welt“, in der die Teenager leben, sehr verändert. Wenn sich Teenager heute vom Elternhaus lösen, dann werden sie nicht nur von Mitarbeitern, also von Menschen, beeinflusst, sondern auch von den Themen ihrer Zeit. All diese Themen wären eigene Themen und doch spielen sie eine wichtige Rolle und jeder Mitarbeiter sollte sie zumindest im Hinterkopf haben. Viele Teenager leben bei einem alleinerziehenden Elternteil, in einer Patchworkfamilie, besuchen eine Ganztagsschule, machen G8-Abitur. Sie nutzen eine Vielzahl von Medien und auch Soziale Netzwerke prägen. Teenager orientieren sich bewusst an Gleichaltrigen. Dazu gehören in erster Linie Freunde, Klassenkameraden, aber auch der Sportverein und der Teenagerkreis oder die Jugendstunde, in der wir mitarbeiten.

Eine Gruppe von Gleichgesinnten

Die Soziologie nennt diese sich bildenden Gruppen auch Peergroups. Charles H. Cooley prägte diesen Begriff Anfang des 20. Jahrhunderts, der übersetzt so viel bedeutet wie „Gruppe von Gleichgesinnten“. Auch unsere Teenager in den Gemeinden bilden in dem Prozess der Loslösung vom Elternhaus Cliquen und Freundeskreise. Diese „Peergroups übernehmen (…) wichtige Sozialisationsfunktionen und dienen zur Emanzipation vom Elternhaus. Die Jugendlichen üben soziale Muster gemeinsam mit ihren Freunden, die meist aus einer Gruppe ähnlichen Alters stammen, und erproben untereinander soziale Verhaltensweisen. Peers sind sozusagen ein Spielfeld, auf dem es möglich ist, eigene Grenzen auszutesten, den Umgang mit anderen zu lernen, den Übergang ins Erwachsensein zunächst im geschützten Raum der Freunde zu erfahren. Darüber hinaus dienen sie auch dem gegenseitigen Austausch zum Beispiel über Probleme. Besonders bei bestehenden Konflikten mit dem Elternhaus können diese Gruppen zu Bezugsgruppen für die Heranwachsenden werden und einen dominierenden Einfluss ausüben.

“Peergroups im Teenkreis

Wenn wir über Peergroups nachdenken, sollten wir auch im Hinterkopf haben, dass wir auf der einen Seite in unseren Gruppen Teenager haben, deren Eltern gläubig sind. Sie haben oft das Bedürfnis sich ganz bewusst von dem, was ihre Eltern glauben und leben abzugrenzen. Sie fangen an, den Glauben der Eltern, aber auch ihren eigenen, auf den Prüfstand zu nehmen; Inhalte und Lehre, aber vielmehr auch das Glaubensleben, „Formen“, Traditionen zu hinterfragen.

Dann sind da aber auch noch, je nach Prägung und Zusammensetzung des Teenkreises, diejenigen, die aus Elternhäusern kommen, wo die Eltern nicht gläubig sind. Auch sie suchen ihre Zugehörigkeit nicht mehr ausschließlich im Elternhaus. Sie wollen sich von ihren Eltern abgrenzen.

Beide Gruppen stellen uns als Mitarbeiter vor eine große Herausforderung, bieten aber auch eine große Chance diesen Prozess positiv und auch geistlich zu begleiten und zu prägen. Dies kann gelingen, weil beide Gruppen in einem Teenkreis eine gemeinsame Interessengruppe bilden. In der Soziologie wird zunehmend der Begriff „Interessengruppe“ verwendet, insbesondere auch im Bereich der Lerndidaktik. Dabei geht man davon aus, dass die Teenager, die einer  Interessengruppe angehören, tatsächlich völlig verschiedenen Gruppen angehören können (also in unserem Fall gemeindefernes Elternhaus, Gemeindekind), aber für eine bestimmte Zeit oder in einem festgelegten Zusammenhang durch gleiche oder ähnliche Interessen miteinander verbunden sind. Hinzu kommt, dass ähnliche Interessen gruppendynamische Prozesse erzeugen und befördern können. In der klassischen Sozialarbeit versuchen deshalb in der Regel Streetworker in Peergroups zu arbeiten und entsprechend einzuwirken. Peergroups und die Ablösung der Teenager von den Eltern prägen also entscheidend die Einstellung, die Verhaltensweisen und letztendlich die Entwicklung von Teenagern in hohem Maß. Wieso überhaupt?

Eine Erklärung ist, dass Teenager untereinander die gleiche Sprache verwenden. Sie sind im Umgang miteinander in der Regel sehr motiviert, Unterschiede zwischen sich und den anderen Teenagern auszugleichen und dadurch, im Gegensatz zum Elternhaus, viel schneller und auch sehr viel häufiger zu einer gegenseitigen Kompromissbildung bereit. Das wiederum führt dazu, dass (bewährte) Problemlösungsstrategien und Denkmodelle voneinander übernommen werden.

Was können wir also als Mitarbeiter im Teenkreis tun, um Teenager in diesem Prozess positiv zu beeinflussen?

Zunächst: Die eigenen Basics überdenken

Warum bist du Mitarbeiter? Was ist dir wichtig für die Teenager? Den Mitarbeitern kommt in der Peergroup Teenkreis eine besondere Bedeutung zu. Wenn der Mitarbeiter sich nicht ausschließlich als Koordinator, Organisator und/oder Alleinunterhalter versteht, sondern für die Teenager da ist.

Bei dieser Frage gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“ und dennoch ist es wichtig sich die eigene Motivation bewusst zu machen. Es kann hilfreich sein diese Punkte aufzuschreiben und darüber zu beten. Man kann eine kleine Austauschrunde im Mitarbeiterkreis machen und die individuellen Gründe aufschreiben. Ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben ist sehr wertvoll für jeden Mitarbeiterkreis.

Deine/eure Basics könnten sein:

  • weil wir den Auftrag und die Wahrheit haben: Matthäus 28,18-20, Johannes 14,6
  • weil du das Anliegen hast den Teenagern das Evangelium zu bringen
  • weil Gott uns in seinem Wort Werte gegeben hat und Teenager sich Werte und Orientierung wünschen
  • Teenager befinden sich in einer Übergangsphase (Pubertät). Als Mitarbeiter habe ich die Möglichkeit ihnen in dieser Übergangsphase Vorbild zu sein und Unterstützung zu bieten.
  • Das Bedürfnis nach Halt, nach Werten, oder nach Anerkennung führt dazu, dass Jugendliche sich in der Umbruchphase nach einer eigenen Gruppe (Peergroup) sehnen und das Bedürfnis haben, eigene Stile zu entwickeln (Musik, Klamotten). Als Mitarbeiter hast du die Möglichkeit die Teenager zu unterstützen, aber auch zu schützen.

Beziehung und Begleitung

Den Mitarbeitern kommt in der Peergroup Teenkreis eine besondere Bedeutung zu. Wenn der Mitarbeiter sich nicht ausschließlich als Koordinator, Organisator und/oder Alleinunterhalter versteht, sondern für die Teenager da ist. Wenn der Mitarbeiter bereit ist, transparent und als Vorbild zu leben und dabei ehrlich ist, auch mal zugibt, wenn etwas nicht gut läuft, und wenn Offenheit untereinander herrscht, dann verändert sich die Rolle des Mitarbeiters hin zum Begleiter (Coach). Er setzt Vertrauen in die Fähigkeiten und Kompetenzen der Teenager, unterstützt und begleitet sie. Der Mitarbeiter sollte ehrlich bereit sein, sich auf die Jugendlichen und ihre (Lebens-)themen einzulassen. Es sollte kein oberflächliches Interesse sein. Oberflächliches Interesse entsteht dann in unseren Teenkreisen, wenn wir versuchen den Erwartungen von außen, also zum Beispiel den Erwartungen der Gemeindeleitung, zu entsprechen oder wenn wir uns zu viel vornehmen. Begleite lieber einige Jugendliche richtig als alle oberflächlich. Jugendliche suchen nach Echtheit.

Dabei erwarten sie nicht, dass wir als Mitarbeiter zu „Berufsjugendlichen“ werden, die genauso reden, handeln und agieren wie sie selbst.

Wir müssen auch nicht perfekt sein und immer „alles richtig“ machen, sondern sie erwarten Ehrlichkeit, Beziehung und Transparenz, echte Freundschaft und Begleitung. Diesen Eigenschaften kommt gerade bei „gemeindefremden“ Teenagern eine besondere Bedeutung zu. Viele von ihnen können im Loslösen vom Elternhaus diese Werte nicht voraussetzen. Deshalb: Sei verlässlich als Mitarbeiter.

Beantworte dir einmal ehrlich die Fragen, ob „dein Teenager“ dich mitten in der Nacht aus dem Bett klingeln dürfte, wenn er ein Problem hat, oder ob er dich außerhalb der Gemeinde überall treffen könnte, ohne dass es peinlich wird. Mal abgesehen davon, dass ein Mitarbeiter natürlich eine Privatsphäre hat, wäre es dir grundsätzlich recht oder gibt es blinde Flecken in deinem Leben? Wir müssen auch nicht perfekt sein und immer „alles richtig“ machen, sondern sie erwarten Ehrlichkeit, Beziehung und Transparenz, echte Freundschaft und Begleitung.

Ein eigenes Fundament haben

Sei selbst geistlich und auch in allgemeinen Lebensfragen gefestigt. Sei offen für Neues, aber habe ein Fundament. Sei mit Jesus Christus verbunden. Sei in ihm gefestigt. Wenn er dein Fundament ist, dann kannst du ein guter Freund und Begleiter sein und werden. Lies mal Matthäus 7,24-29, das Gleichnis vom Haus auf Felsen und Sand.

Schutzzone Teenkreis

Im geschützten Raum, der „Peergroup Teenkreis“, werden nicht nur soziale Verhaltensweisen eingeübt und Kompetenzen entwickelt, sondern hier erleben Teenager „Gemeinschaft“, in der sie sich wohlfühlen und in der sie sich über ihr Leben verständigen. Sie können sich austauschen, gemeinsam Probleme und Konflikte bewältigen lernen. Der Teenkreis, mit zielorientierten Mitarbeitern, bildet eine Art Schutzzone. Aufpassen sollten die Mitarbeiter, dass sich der Teenkreis nicht einseitig entwickelt. Problematisch wird die Funktion von „Peergroups“ unter Umständen, wenn sie sich gesellschaftlich isolieren (das kann es auch im christlichen Bereich geben!). Ein zweites Risiko entsteht, das der Vollständigkeit halber genannt werden soll, wenn sie durch ihre Dominanz in prekären Zusammenhängen zu schädlichen Verhaltensweisen wie Gewalt und Risikoverhalten führen.

Sei ein Mentor

Begleite einen Teenager in einer Zweierschaft. Jüngerschaft kommt gerade bei der geistlichen Prägung der Teenager eine ganz wichtige Rolle zu. Nutze beispielsweise ein Kursprogramm. Begleite junge Leute. Sei treu und bereit für sie.

Gemeinsam im Alltag

Verbringe Freizeit mit deinen Teenagern. Macht etwas gemeinsam als Gruppe oder in Kleingruppen. Mach deinem Teenkreis gute Freizeitangebote für das Wochenende. Teilt Hobbies miteinander, macht gemeinsam Sport, besucht (christliche) Veranstaltungen wie Gottesdienste, Jugendtage, Konzerte. Sei auch mal offen für Neues. Überprüfe Inhalte und geistliche Wahrheiten, aber sei bereit die jungen Leute beispielsweise auch mal gegen deinen eigenen Musikgeschmack zu begleiten.

Du bist nicht allein!

Als Mitarbeiter im Teenkreis sind wir eine Sozialisationsinstanz. In der Abgrenzung und Loslösung sollten wir

„die Handlungsspielräume der Jugendlichen nicht zu sehr eingrenzen, sondern ‚Haltepunkte´ setzen. Erwachsene können bewusst eine eigene Identitätsbildung der Jugendlichen unterstützen. Sie können sich als Gesprächspartner anbieten und innere Auseinandersetzungen anregen, sie können auch trösten und ermutigen.“

Als Mitarbeiter haben wir eine riesige Chance Teenager zu begleiten und den Prozess des Ablösens vom Elternhaus positiv zu beeinflussen. Der Auftrag ist klar:

„Darum geht zu allen Völkern (dazu gehören auch unsere Teenager) und macht die Menschen zu meinen Jüngern. Dabei sollt ihr sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen  und sie belehren, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und seid gewiss: Ich bin jeden Tag bei euch, bis zum Ende der Zeit.“

Jesus selbst sagt uns, dass wir niemals allein sind. Wir sollen bereit sein und Gott geht mit.

Lasst uns die Chance nutzen, Teenager und Jugendliche zu begleiten und sie nicht nur positiv zu beeinflussen, sondern Ihnen Jesus lieb zu machen.