Dem Juden ein Jude

Nur wenn ich mich auf den anderen einlasse, kann ich das Evangelium effektiv weitergeben und das ist laut Paulus wichtiger als der eigene Vorteil.
Dem Juden ein Jude

1. Worum geht’s?

Unter den Menschenrechten spielt die Freiheit eine sehr große Rolle. Jeder Mensch möchte frei sein – und das nicht erst seit der französischen Revolution (Parole: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit). Paulus beweist im Korintherbrief unsere Freiheit theoretisch; sie einzufordern wäre allerdings nicht liebevoll. Stattdessen schlägt Paulus Rücksichtnahme zu Gunsten des anderen vor. Und darin Eifer. Denn nur so diene ich dem Evangelium und habe letztendlich einen Vorteil. Wenn ich mein Gegenüber gewinnen möchte, muss ich bereit sein meine Freiheit und meine Vorteile zu kürzen, muss bereit sein zu dienen.

2. Mit wem haben wir es zu tun?

Sokrates soll gesagt haben: „Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer.“ Der Freiheitsdrang ist in diesem Alter wohl am stärksten ausgeprägt. Man löst sich von den Bezugspersonen Eltern, fordert seine Freiheit ein, bricht aus Gewohntem aus. Gerade dann, wenn man aus eher konservativem, zur Strenge tendierendem Hintergrund kommt, strebt man seine Freiheit umso mehr an. Es ist wichtig aufzuzeigen, dass auch das schlecht sein kann. Beides, Strenge oder sogar Gesetzlichkeit und Freiheit, sollte vermieden werden, gerade auch um kein Hindernis in den Beziehungen zu Nichtchristen zu sein. Zudem steht man als Jugendlicher ständig im Konflikt zwischen Absonderung und Anziehung, mehr noch als ein Erwachsener, der seinen Lebensstil vor und mit Gott schon gefunden hat.

3. Worauf wollen wir hinaus?

Wie ist das mit der Freiheit? Darf ich sie suchen, anstreben, einfordern? Freiheit gehört zur Gabe Gottes, die wir mit unserer Bekehrung bekommen. Jesus hat uns frei gemacht, das ist korrekt. Aber er macht uns nicht frei um zu tun, was wir möchten. Stattdessen ändert er unser Leben, gibt uns Liebe, die uns befähigt anderen zu dienen. Gerade solchen, die viel Freiheit für sich selbst einfordern, muss klar gemacht werden, dass es im Leben als Christ nicht darum geht, seine Freiheit zu bekommen und zu genießen, sondern dass es darum geht, andere zulieben, anderen zu dienen. Mein Lebensstil soll zwar zur Ehre Gottes sein, aber gleichzeitig muss er auch attraktiv für Ungläubige sein. Sonst kann ich sie nicht erreichen. Im neunten Kapitel vom 1. Korintherbrief macht Paulus deutlich, dass ich den anderen nur effektiv dienen kann, wenn ich ihnen Freund bin. Ich kann nicht willkürlich Menschen erreichen, ich muss ihnen ähnlich werden, ihnen Freund werden.

4. Wie gehen wir vor?

4.1 Einbettung im Brief und zwischen 1. Korinther 8 und 10 als Einleitung

Nachdem einige Korinther Paulus besucht hatten, schreibt er einen Brief, um ihre Fragen zu beantworten. Meist kämpft er dabei gegen die Aufspaltung der Gemeinde in Parteien. Auf der einen Seite gibt es die, die seine Autorität leugnen, sein Apostelamt in Frage stellen, auf der anderen Seite die, die sich nach ihm benennen. Ein anderes Beispiel für diese gegensätzlichen Fronten sind die sexuell Freizügigen und die Asketen.

Im achten Kapitel kommt er zu einem Punkt, den die Korinther angesprochen hatten. Darf man Fleisch essen, das den Götzen geopfert wurde? Die Antwort scheint auf den ersten Blick recht einfach zu sein. Reicht sie aber für sich genommen aus? Wo bleibt dabei die Liebe? Und so macht Paulus zwar gleich zu Beginn des achten Kapitels eine klare theologische Aussage, aber die praktische, liebevolle Umsetzung beschäftigt ihn anschließend bis zum Ende des zehnten Kapitels. Als allgemeingültiges Prinzip findet er das Beispiel, das Christus uns gegeben hat:
Christus hatte nicht seinen eigenen Vorteil im Blick, sondern die Menschen, die er retten wollte.

4.2 Gruppenarbeit zum Text

  • Text strukturieren lassen. Man muss sich intensiv mit diesem befassen, damit man die Aussage des Textes in eine Kernaussage einfangen kann. Das ist die optimale Grundlage für die folgenden…
  • …Fragen. Diese sollen die hauptsächliche Vorarbeit bilden für die…
4.3 …Ausarbeitung der Fragen zur Hinführung auf den Hauptgedanken.

Die erste Frage beantwortet Paulus hier recht eindeutig. Er beweist anhand des Gesetzes, der Landwirtschaft und des Tempeldienstes, dass der Arbeiter Rechte hat und insbesondere, dass er, als Apostel, also als Gesandter für das Evangelium, Rechte hat. In Vers 19 schließt Paulus den Kreis und beantwortet die Frage aus Vers 1: „Ich bin also frei“ (NGÜ).

Wir haben sehr viele Rechte, wir haben Freiheit. Dass man ins Kino gehen darf, tanzen darf, rauchen und Alkohol trinken darf, das steht außer Frage. Aber die Frage ist, ob es sinnvoll ist. Kann man dadurch, dass man diese Freiheit auslebt, andere für das Evangelium gewinnen? Paulus ist gewillt, für das Evangelium auf jegliche Freiheit, auf all seine
Rechte zu verzichten. Was macht Paulus aus der Freiheit? Er nutzt die Freiheit zum Dienst. 1.Korinther 9,19 = Galater 5,13. Freiheit gibt es, damit man dienen kann. Und wie? Beim einen ist es gut, wenn man seine Freiheit ausnutzt und ihm ein Grieche ist. Beim anderen ist es besser, wenn man seine Freiheit beschneidet und ihm ein Jude ist. Jedem will Paulus so dienen, dass er ihn gewinnt. So, dass es am Besten für ihn ist.

Ein Beispiel soll zeigen, wie beide Seiten sinnvoll sein können. Müssen wir noch beschnitten werden? Unter anderem damit beschäftigte sich das erste Apostelkonzil. Paulus ist das auch wichtig. Um des Evangeliums willen, widersteht er denen, die fordern, dass Titus beschnitten werden müsse (Galater 2,3-5). Auf der anderen Seite beschneidet er Timotheus um des Evangeliums Willen (Apostelgeschichte 16,3). Was so widersprüchlich scheint, macht klar, dass es bei der Freiheit nicht darum geht, wie es mir am Besten gefällt, sondern was dem anderen am meisten dient. Alles, was Paulus tut, richtet er darauf aus: Menschen für Gott zu gewinnen = dem Evangelium zu dienen.

Ein zweites Beispiel dafür finden wir bei Levi.Kurz nachdem Jesus den Zöllner zum Jünger berufen hatte, schmeißt dieser eine Party für seine ehemaligen Freunde. Das ist ja allerhand. Wo bleibt die Absonderung (2. Korinther 6,7)? Dass das keine besonders gute Gesellschaft war, zeigt Markus 2,16. Jesus sieht das aber anders. Er, der Heilige, weiß,
wie er sich verhalten muss, damit er Zugang zu den Sündern hat. Wegen ihnen ist er schließlich gekommen! Die Pharisäer sahen es richtig: Jesus war ein Freund der Zöllner und Sünder (Lukas 7,34).

Wenn wir Ungläubige erreichen wollen, dann müssen wir uns auf sie einlassen. Wie Paulus müssen wir abwägen, wo es wichtig ist weit mit der Freiheit umzugehen und wo eng. Wie Levi müssen wir das tun, was unsere Freunde tun, nur anders, sie zu Jesus bringend. Und wie Jesus müssen wir den Menschen Freund sein. Nur dann können wir sie erreichen und vielleicht sogar gewinnen.

Wem soll man denn „alles“ werden? Nun, „allen“, oder? Das steht zumindest so in 1.Korinther 9,22. Aber wen meint Paulus hier? Wirklich alle? Wie könnte man das umsetzen? Allen gerecht zu werden ist sehr schwierig oder sogar eher unwahrscheinlich. Wenn man mit seinen ungläubigen Freunden Zeit in deren Umgebung verbringt, dann stößt man damit seinen christlichen Freunden vor den Kopf. Und wenn man sich nur darauf konzentriert sein christliches Umfeld „zufriedenzustellen“, dann wird der Kontakt mit den ungläubigen Freunden deutlich erschwert oder man wird nicht einmal ungläubige Freunde haben. Wer ist also „alle“? Muss man hier Prioritäten setzen?

Die Antwort liegt im zweiten Teil des Verses. Paulus möchte durch dieses Verhalten „einige retten“. Diese „Einige“ sind eine Teilmenge von „allen“. Genauer gesagt die Teilmenge, die durch das Wirken Gottes Errettung erfahren. „alle“ sind noch nicht vor Gott gerecht gesprochen, sind noch nicht gerettet, sonst hätten sie die Errettung nicht nötig. Unsere Priorität beim „Allen alles sein“ muss auf diesen „allen“ liegen, auf denen, die noch nicht gerettet sind.

Gliederung zu 1. Korinter 9

8,1 – 3 (Wissen +) Liebe!

Die Frage, ob man Götzenopferfleisch essen darf, kann nicht einfach beantwortet werden, denn Wissen alleine ist hier nicht förderlich. Es braucht Liebe.

8,4 – 6 Erste Antwort

Es gibt nur einen Gott – ein Götzenbild ist nichts!

8,7 – 13 Folgen des eigenen Vorteils

Paulus zeigt hier auf, zu welchen Auswirkungen es kommen kann, wenn ich meine Freiheit ohne Rücksicht auf andere auslebe.

9,1 – 18 Folgen des eigenen Vorteils

Fortsetzung vom letzten Abschnitt. Hier aber konkret auf das Evangelium bezogen. Haben wir kein Recht auf einen Vorteil? Doch, aber wir geben es auf. Das Einsetzen würden das Evangelium behindern, wäre ein Ausnützen.

  •  Das Recht, das der Herr angeordnet hat (14) …
  •  …für das Evangelium zurückstellen (12)

9,19 – 23 Was machen wir aus unserem Recht?

Dienerschaft.
Warum? Um möglichst viele für Christus zu gewinnen.
Wie? Indem wir dem anderen gleich werden.
Wem? Allen Arten von Menschen gegenüber.

  • Dienen (19) …
  • …um einige zu erretten (19) / gewinnen (23).

9,24 – 25 Und was ist bei dieser Sache mein Vorteil?

Unvergängliche Belohnung für meine Bemühungen.

9,26 – 27 Motivation aus Vorteil und Rücksichtnahme

Paulus ist motiviert; er setzt allen Eifer ein. Warum? Weil er vom Lohn motiviert ist. Und weil er einen integeren Lebensstil haben möchte.

10,1 – 22 Endgültige Antwort

Man darf alles essen. Aber: Wo sind die Grenzen der Freiheit? Ganz klar dort, wo Götzendienst anfängt. (Außerdem werden erwähnt: Gelüste, Hurerei, Christus versuchen, Murren.)

10,23 – 11,1 Jesu Vorbild

Nicht den eigenen Vorteil suchen, sondern den Anderen
erretten!

Es mag vielleicht etwas pragmatisch klingen, aber es ist wichtig, dass man auch anspricht, was dabei herausspringt. Wenn man allen alles wird, muss man sein ganzes Leben einsetzen; das ist keine Sache, die man leichtfertig tun würde oder sollte. Man muss auch hier die Kosten überschlagen.

In diesem Kapitel scheint es, als ob Paulus eine Kosten-Nutzen-Rechnung machen würde. Auf beiden Seiten schlägt einiges zu Buche; letztlich überwiegt der Nutzen. Dabei ist der Nutzen vielschichtig gelagert: Zum Teil muss man den Nutzen wieder für das Evangelium einsetzen oder darauf verzichten. Irdische Güter werden ebenso erwähnt wie unvergängliche geistliche Kränze, Teilhabe am Evangelium und geistliche Nachfolger. Es sollte deutlich gemacht werden, dass es sich lohnt sein Leben für den anderen einzusetzen. Kurzfristig und langfristig. Es ist ein normales Prinzip, dass auf Saat Ernte folgt (Vers 11), auf „heilige Dienste“ „Anteil vom Altar“ (Vers 13). Ein Leben für Gott, wird Früchte tragen, sowohl für Gott als auch für den Mensch selbst.

4.4 Praxisnahe Umsetzung

An dieser Stelle sollten jetzt noch einige Beispiele folgen, denn die Praxis ist essentiell. Nicht umsonst beschreibt Paulus am Ende des Kapitels noch den Eifer, mit dem er dieses Leben führt. Bei den Beispielen ist es wichtig, dass sie relevant sind für die Jugendlichen. Wie das? Im Internet findet man viele tolle Beispiele. Davon entsprechen aber die wenigsten dem, was die Jugendlichen umsetzen können. Es wäre zu bevorzugen, wenn man persönliche Erlebnisse schildern könnte, erlebte oder gelebte Beispiele. Nicht um sich selbst hervorzuheben, aber damit die Jugendlichen Bezug dazu haben und es auch in gewisser Weise nachprüfen können.

Für die Bibelarbeit sollen zwei kurz umrissene Beispiele genügen:

  • Markus‘ Freund erwähnt nebenbei, dass er gerne auf ein Jazz-Konzert oder in eine Theater-Vorführung gehen würde. Markus kann sich eher für Jazz begeistern. Er organisiert ein paar Konzertkarten. Der Freund fühlt sich wertgeschätzt, angenommen. Die Freundschaft wird vorwärts gebracht.
  • Wir wissen meist genau, was Sünde ist, zumindest bei anderen. Und dann fliegen die Steine. Aus welchem Grund sollte der andere so leben,
    wie es Gott möchte? Warum sollte ich ihn für seine Fehler richten, am Besten noch vor anderen? Auf diese Art und Weise gewinne ich niemanden. Ich sollte ihm das Gute vorleben nicht vorhalten. Römer 14,13: alles vermeiden, was ein Hindernis sein könnte. Die Liebe wäscht die Füße nicht den Kopf!

Achtung! Gefährlich!

„Denn ich möchte nicht anderen predigen und dann als einer dastehen, der sich selbst nicht an das hält, was er sagt.“ (1.Korinther 9,27 NGÜ)
Dem Leser sollte es deutlich bewusst sein, welche Verantwortung er sich mit dem Vortragen dieser Jugendstunde auflädt. Natürlich ist es generell so, dass jegliches Wort Gottes zuallererst zu mir spricht. Hier jedoch richtet Gottes Wort die Augen direkt darauf, so dass man es nicht versehentlich übersehen kann. Es geht darum, dass gerade wir es in unserem Leben umsetzen müssen. Hier bedeutet dies: Ich will und soll den Jugendlichen ein Jugendlicher werden, gerade durch diese Jugendstunde, damit ich einige von ihnen gewinne. Für meinen König.

Ich will und soll den Jugendlichen ein Jugendlicher werden, gerade durch diese Jugendstunde, damit ich einige von ihnen gewinne. Für meinen König.