Das Ende der Einseitigkeit

Ich bin schockiert Ich bin schockiert über die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln. Wie schlimm ist es, dass nach dem aktuellen Kenntnisstand Flüchtlinge …
Das Ende der Einseitigkeit

Ich bin schockiert

Ich bin schockiert über die Vorfälle in der Silvesternacht in Köln. Wie schlimm ist es, dass nach dem aktuellen Kenntnisstand Flüchtlinge Frauen massiv sexuell belästigt haben. Und die Debatte ist notwendig: welche Auswirkungen hat ihr Frauenbild auf ihr Verhalten.

Ich bin schockiert, wenn ich mich im Moment durch die sozialen Medien bewege. Noch nie in meinem 35jährigen Leben habe ich öffentliche so einseitige Hassbotschaften gelesen wie im Umgang mit Flüchtlingen. Auch ist mir noch nie öffentlich eine solch breite Verunglimpfung der politischen Verantwortungsträger in unserem Land entgegengeschlagen.

Ich bin schockiert, wie nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch vor Ort mit dem Thema „Flüchtlinge“ umgegangen wird. In meinem Ortsteil wurde eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge eröffnet. Bei der gut besuchten Informationsveranstaltung zu diesem Thema wurde der Bürgermeister öffentlich massiv verunglimpft, weil die Bewohner mit der Wahl des Standortes nicht zufrieden waren. Warum werden die Zelte denn nicht in einem anderen Ortsteil aufgestellt? Alle Sachinformationen halfen nicht. Nach dieser Veranstaltung konnte ich auf einmal besser verstehen, wie sich das Volk vor dem 2. Weltkrieg radikalisiert hat.

„Wer sich im Geschichtsunterricht gefragt hat, wie man in den 1930ern in kurzer Zeit so viel Hass säen konnte, kann nun live zuschauen. “ Twitter.com/ernst_michalek

Sind die Ängste, die auf der Informationsveranstaltung geäußert wurden und im Netz verbreitet werden, denn nicht berechtigt? Zeigen die furchtbaren Geschehnisse in der Silvesternacht in Köln nicht, dass die Befürchtungen gerechtfertigt sind und die Willkommenskultur enden muss?

Aus meiner Sicht brauchen wir 3 Grundhaltungen, um als Christen Antworten auf diese Fragen zu finden:

1. Stelle alle Fragen

Wer sich die mediale Berichterstattung anschaut, kann zu dem Schluss kommen, dass es im Umgang mit Flüchtlingen 2 Lager gibt.

Die eine Gruppe betont die Frage, welche Auswirkungen die Flüchtlingsströme auf das post-christliche Abendland haben. Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland tragen? Welche Auswirkungen auf unsere Kultur hat es, wenn insbesondere Muslime zu uns kommen? Wie gehen wir mit den Menschen um, die unsere Werte nicht teilen? Was geschieht, wenn Flüchtlinge kriminell werden?

Die andere Gruppe betont, dass die Menschen, die in Deutschland anreisen, mehrheitlich unsere Hilfe benötigen. Wie können wir diesen Menschen helfen? Was müssen wir tun, damit Integration gelingt?

Ein Satz, den ich in der Diskussion nicht mehr hören kann, ist: „Da darf man ja nicht drüber reden.“ Doch – man darf über alles reden. Die Fragen beider Gruppen sind wichtig und müssen gestellt werden. Ich wünsche mir, dass wir nicht einseitig werden und alle Fragen zulassen. Aber wenn wir Fragen stellen, dann müssen wir diese Fragen in Liebe stellen.

2. Liebe die Menschen

Flüchtlinge sind Menschen. In der Bibel erfahren wir sehr klar und eindeutig, wie wir mit Menschen umgehen sollen. Wir sollen sie lieben. Wir sollen unseren Nächsten lieben. Unsere Nächsten sind die Menschen, mit denen wir in einem Haus zusammenleben. Unsere Nächsten sind die Menschen, die wir verletzt im Straßengraben finden. Und Jesus geht noch weiter: wir sollen sogar unsere Feinde lieben und denen Gutes tun, die uns hassen. (vgl. Lukas 6, 27)

Was wir brauchen, ist Liebe zu den Menschen, die auf einmal unsere Nächsten geworden sind.Was wir nicht brauchen, sind theologische Diskussionen, ob bestimmte alttestamentliche Passagen auf den Umgang mit Flüchtlingen Anwendung finden sollen oder nicht. Was wir brauchen, ist Liebe zu den Menschen, die auf einmal unsere Nächsten geworden sind.

Wie sollen wir also mit Flüchtlingen umgehen? Als Christen wollen wir sie lieben und ihnen diese Liebe in Wort und Tat zeigen. Und diese Liebe zeigen wir ihnen insbesondere dadurch, dass wir ihnen helfen, eine Beziehung zu Gott zu finden.

3. Respektiere die Regierung

Wenn so viele Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund nach Deutschland kommen, hat das natürlich Auswirkungen auf unsere Nation. Und es stellen sich viele schwierige Fragen. Wie viele Flüchtlinge sollen und können wir aufnehmen? Wie gehen wir mit den Menschen um, die offensichtlich aus Ländern kommen, in denen keine Verfolgung herrscht? Was passiert, wenn Deutschland seine Grenzen schließt und Flüchtlinge abweist?
Diese komplexen Entscheidungen benötigen viel Weisheit. Bei vielen Entscheidungen scheint es kein richtig oder falsch zu geben, sondern nur unterschiedliche, schlechte Antworten.

Deshalb sind wir als Christen aufgefordert, für die Regierung zu beten – damit wir in Ruhe und Frieden ein Leben führen können, das Gott in jeder Hinsicht ehrt. (vgl. 1. Timotheus 2, 1-2) Ich frage mich, was passieren würde, wenn jedes verunglimpfende Wort über unsere Regierung in ein Gebet für unsere Regierung ausgetauscht werden würde.

Außerdem sind wir aufgefordert, uns den staatlichen Gewalten unterzuordnen. Wenn wir Gutes tun, dann werden wir sogar gelobt werden. (vgl. Römer 13, 1-7) Ganz praktisch habe ich erlebt, wie sich die Stadtverwaltung äußerst positiv über das Bemühen von Christen im Umgang mit Flüchtlingen geäußert hat.

Wem die Liebe zu Flüchtlingen und den Menschen in der Regierung allerdings fehlt, der sollte lieber die Finger von der Tastatur lassen und beten.Wenn uns Gebet für und Unterordnung unter die staatlichen Verantwortungsträger kennzeichnen, dann können wir auch in einem Geist der Liebe auf Missstände aufmerksam machen. Und ich wünsche mir so sehr, dass wir Christen es verstehen, dass Kritik ein Ausdruck der Liebe sein kann, wenn er mit Respekt zum Ausdruck gebracht wird. Wem die Liebe zu Flüchtlingen und den Menschen in der Regierung allerdings fehlt, der sollte lieber die Finger von der Tastatur lassen und beten.

Denn wenn Kritik ohne Liebe geäußert wird – und das sind meiner Einschätzung nach der Großteil der Beiträge in den sozialen Medien – dann ist es wertlos wie alles, was ohne Liebe passiert.

Der Umgang mit Flüchtlingen ist das Thema, was unser Land zur Zeit am meisten bewegt, aber es ist nicht das einzige Thema, was für uns Christen wichtig ist. Deswegen ist der Aufruf zur Nächstenliebe kein Aufruf dazu, andere Arbeitsbereiche einzustellen und sich nicht mehr um Menschen zu kümmern, die keine Flüchtlinge sind.

Aber jeder von uns sollte sich die Frage stellen, was sein Beitrag ist. Und das kann ganz unterschiedliche Formen haben: Du fängst an, für die Regierung zu beten, damit die verantwortlichen gute Entscheidungen für unser Land treffen können. Du erhebst deine Stimme, wenn von Gott geliebte Menschen über einen Kamm geschert und pauschal verurteilt werden. Du lässt in deine Wahlentscheidung einfließen, welche Partei deiner Einschätzung nach die beste Antwort auf den Umgang mit Flüchtlingen bietet. Du trägst in einer liebenden und sachlichen Art und Weise zum Diskurs bei, wie unser Land mit Flüchtlingen umgehen soll. Du fasst Mut und besuchst einfach mal einen Flüchtling in der Flüchtlingsunterkunft und lässt Liebe praktisch werden.

Und dabei hörst du auf, einseitig zu sein, weil die Liebe sowohl voller Wahrheit alle Fragen stellt als auch voller Gnade mit den Menschen umgeht.