Danke Gott, dass ich nicht so bin…

Wenn ich mit einer Haltung vor Gott trete, die andere verachtet, weil man sich für" besser" und "passender" hält, dann wird mein Gebet nicht einmal durch meine Zimmerdecke dringen.
Danke Gott, dass ich nicht so bin…

Dies ist nach einer Einleitung der erste Teil der Andachtsreihe zu Gleichnissen von Jesus.

Ich schaue richtig gerne amerikanische Talk Shows. Gerade die aktuelle politische Situation finde ich wahnsinnig spannend. Manche dieser Talk Shows sind nicht nur informativ, sondern auch noch wirklich lustig. In einem meiner Lieblingsformate geht ein Reporter auf die Straßen Amerikas und redet mit politisch aktiven Amerikanern, die typische Stammtischmeinungen vertreten. Dabei stellt er häufig auf sehr subtile Art ihre Argumente bloß, ohne dass sie das selber überhaupt merken. Ich bin jemand, der Engstirnigkeit kaum aushält und zu sehen, wie polemische und zu kurz gedachte Meinungen entlarvt werden, ist für mich äußerst befriedigend. Aber ich glaube hier liegt auch eine Gefahr. Denn immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ein kleiner hochmütiger Teil von mir denkt:„Danke Gott, dass ich nicht so bin wie diese, die so blind für diese Welt sind und so halsstarrig.“

Kennst du solche Gedanken auch? Solche Gedanken, bei denen du dir so viel besser vorkommst als andere?
  • Vielleicht bei Menschen, die sehenden Auges ins Verderben laufen, obwohl du sie gewarnt hast?
  • Bei Menschen für die soziale Gerechtigkeit ein Fremdwort ist?
  • Bei solchen, die Vorbilder sein sollten und sich doch so falsch verhalten?
  • Oder solche, die nie wirklich gelernt haben, freundlich zu sein?

Ich glaube, dass wir alle unsere Spezialgebiete haben, in denen wir insgeheim denken: „Danke Gott, dass ich nicht so bin wie diese.“ Gebiete in denen wir uns anderen Menschen gegenüber moralisch überlegen fühlen und sie verachten. Und so unterschiedlich alle diese Gebiete sind, so haben sie doch alle eines gemeinsam: Wir gehen davon aus, dass wir in der Sache richtig sind und deswegen Gott auf unsrer Seite steht. In meinem Fall kann doch Gott sehr wohl stolz auf mich sein, dass ich nicht engstirnig sein möchte und mich über diese Stammtischparolen ärgere. Gott denkt doch bestimmt auch, dass ich besser unterwegs bin als andere.
Aber ist das so? Sagt Jesus wirklich: Ich bin auch total froh, dass du nicht so bist wie diese…?
Interessanterweise redet Jesus genau über dieses Thema in einem Gleichnis in Lukas 18.

: Dann wandte sich Jesus einigen Leuten zu, die voller Selbstvertrauen meinten, in Gottes Augen gerecht zu sein, und deshalb für die anderen nur Verachtung übrig hatten. Er erzählte ihnen folgendes Gleichnis: 10 „Zwei Männer, ein Pharisäer und ein Zolleinnehmer, gingen zum Gebet in den Tempel. 11 Der Pharisäer stellte sich hin und betete für sich: ‚Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie die anderen Menschen, all diese Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder wie dieser Zolleinnehmer dort. 12 Ich faste zweimal in der Woche und spende den zehnten Teil von all meinen Einkünften.‘ 13 Der Zolleinnehmer jedoch blieb weit entfernt stehen und wagte nicht einmal, zum Himmel aufzublicken. Er schlug sich an die Brust und sagte: ‚Gott, sei mir gnädig. Ich bin ein Sünder.‘14 Ich sage euch: Dieser Mann wurde von Gott für unschuldig erklärt, der andere nicht. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird von Gott erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, wird von Gott erhöht werden. Lukas 18,9-14

Schau mal wem Jesus dieses Gleichnis erzählt. Er spricht zu Menschen, die meinen Gott zu gefallen und für andere nur Verachtung übrig haben. Er erzählt von einem Pharisäer, der sich selbst als moralischen Superstar sieht. Er fastet, er spendet, er ist kein Räuber, Betrüger oder Ehebrecher und erst recht kein Zöllner. Alles gute Sachen! Und auf so jemanden muss Gott doch stolz sein. Da kann Gott sich doch wirklich freuen, dass er nicht so einer ist, wie dieser bösartige und hinterlistige Zöllner…

Der Pharisäer tickt hier genauso wie ich. So oft meine ich, dass ich ein besonderes Recht habe, vor Gott zu treten. Mehr als andere, die unehrlicher, weniger hingegeben oder dümmer sind als ich. So als wäre Gottes Gegenwart der natürliche Ort für jemand so Tollen wie mich. Ich“stelle mich hin“ wie es der Pharisäer macht. Genauso wie er muss ich etwas ganz Entscheidendes lernen: Wenn ich mit einer Haltung vor Gott trete, die andere verachtet, weil man sich für“ besser“ und „passender“ hält, dann wird mein Gebet nicht einmal durch meine Zimmerdecke dringen. Gott interessiert sich absolut überhaupt nicht dafür, was ich ihm in meinem Stolz alles bringen kann.

Es gibt noch eine zweite Person in diesem Gleichnis. Ein Zöllner, der sich nicht einmal traut an den Altar heranzutreten. Dieser Mann ist sich vollkommen bewusst, vor wem er steht und er weiß, dass er kein Recht hat hier zu sein. Er hat nur eine Botschaft: Gott sei mir Sünder gnädig! Dieser Satz drückt für mich so viel aus. Da ist jemand, der erkannt hat, wer Gott ist und wer er selber ist. Er hat erkannt, wie herrlich, heilig und ja auch wie furchtbar Gott ist und dass alles auf was er hoffen kann Gottes Gnade ist. Er weiß, dass er Gottes Gnade bitter nötig hat.

Ist es dir und mir schon mal so gegangen, dass wir in unserem Gebet gar nicht mehr sagen konnten als „Gott sei mir Sünder gnädig“?

Die Haltung des Zöllners ist genau das, worauf Gott gewartet hat. Es ist alles was Gott braucht um ihn gerecht zu sprechen. Er geht gerechtfertigt nach Hause. Das heißt, Gott wird ihn nie wieder als Sünder betrachten. Anders als den Frommen, der meint gerecht zu sein. Mit der selbstgerechten und verachtenden Haltung des Pharisäers kann Gott gar nichts anfangen.

Das zerbrochene Herz des Zöllners ist das, wonach Gott Ausschau hält.

Dieses Gleichnis ist für die frommsten der Frommen bestimmt gewesen. Ich weiß nicht, ob du dich dazu zählen würdest, aber ich glaub ich bin so ein Pharisäer. Ich glaube, das hier ist Evangelium in Reinform. Und zwar insbesondere für Christen, die vergessen haben wer und wie sie waren, als sie das erste Mal über ihre eigene Schuld zerbrochen sind. Ich will von der Haltung des Zöllners lernen. Ich will neu betroffen sein über die Tatsache, dass ich wirklich Sünder bin und Gottes Gnade so sehr nötig habe. Ich will mir neu bewusst machen, wie böse und verkehrt die Verachtung ist, die ich oft anderen Menschen entgegenbringe und dass es Gott nicht einen Moment interessiert, ob ich denn wirklich besser bin als diese. Und dann will ich mich freuen, dass Gott wirklich gnädig ist und den Niedrigen erhöht.

P.S. Auch in den nächsten zwei Geschichten nach diesem Gleichnis im Lukas Evangelium geht es um Haltungen, nach denen Gott wirklich sucht. Wenn dich das interessiert kannst du ja einfach weiterlesen.