Abendmahl praktisch – große Freiheit entdecken

„Nur ein Ältester oder Pastor darf Brot und Wein beim Abendmahl herumgeben.“ – „Vor dem Abendmahl solltest du ganz heilig sein und keine Probleme mit jemandem …
Abendmahl praktisch – große Freiheit entdecken

„Nur ein Ältester oder Pastor darf Brot und Wein beim Abendmahl herumgeben.“ – „Vor dem Abendmahl solltest du ganz heilig sein und keine Probleme mit jemandem haben.“ – „Du musst unbedingt eine Formel sagen, wenn du Brot und Wein weitergibst.“ – „Das Abendmahl ist eine echter Anbetungsgottesdienst, predigen steht nicht im Mittelpunkt, sondern Gott loben und ehren.“

Das sind nur einige wenige Statements, die mir von Menschen, die am Abendmahl teilnehmen, gesagt bzw. deutlich gemacht wurden. Bei unterschiedlicher Abendmahlspraxis und Tradition in den verschiedenen Gemeinden und Kirchen ist das auch verständlich. In dieser kommentierten Bibelstellensammlung geht es um den Kern der Abendmahlspraxis direkt aus der Bibel. Du wirst erstaunt sein, wie schlicht und simpel sie ist. Die einzelnen Bibelstellen werden unterschieden in: a) Was beschreibt die Bibel? b) Was erfahren wir als konkrete Handlungsanweisung? c) Welche weiterführenden Gedanken können wir daraus mitnehmen?

1.   Matthäus 26,17-30; Markus 14,12-26

  • Das Abendmahl findet als Passahmahl abends in einem großen Saal auf Polstern statt. Dazu liegen Jesus und seine Jünger am Tisch. Während des Essens wird das Brot gesegnet und umhergegeben. Für den Kelch wird gedankt. Danach wird er umhergegeben. Zum Abschluss wird ein Loblied gesungen.
  • Jesus gibt seinen Jüngern, die Anweisung, dass sie alle Brot und „vom Gewächs des Weinstocks“ nehmen und trinken sollen.
  • Jesus lässt offen, ob wir Wein oder Traubensaft verwenden. Wahrscheinlich sind sogar andere Getränke in traubenlosen Kulturen möglich, aber nicht vorzuziehen.

2.   Lukas 22,7-30

  • Das Abendmahl findet als Passahmahl abends in einem großen Saal auf Polstern statt. Während des Essens wird hier jedoch zuerst für einen Kelch gedankt, dann für das Brot. Beides soll untereinander verteilt werden. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass es mehrere Kelche sind? Das liegt daran, dass beim Passahmahl nicht nur ein Kelch, sondern mehrere Kelche umhergegeben worden ist. Nach dem Essen erklärt Jesus an einem dieser weiteren Kelche die neue Bedeutung.
  • Jesus gibt seinen Jüngern die Anweisung, den Kelch untereinander auszuteilen. Genauso bricht Jesus das Brot und verteilt es an (alle!) seine Jünger. Nur hier wird deutlich, dass auch Judas mit dabei ist. Interessant ist, dass hier die Praxis mit dem Kelch startet, dann zu Brot übergeht.
  • Aus diesem Text kann man schließen, dass es keine feste Reihenfolge zwischen Brot und dem Kelch geben muss.

3.   Johannes 6,50-58

  • Zur praktischen Ausführung des Abendmahls findet man in diesem Abschnitt nichts. Jedoch liegt in der Interpretation dieses Textes einer der größten Unterschiede zwischen den verschiedenen Abendmahlslehren der großen Kirchen. Ich persönlich verstehe diesen Abschnitt nur symbolhaft: Brot, Fleisch und Blut von Jesus zu essen und zu trinken steht dafür, Jesus und seine Worte in uns aufzunehmen. Wenn wir Jesus in uns Herr sein lassen, wird er uns Leben geben.
    Andere Kirchen entwickeln hieraus die Transsubstantiationslehre oder abgeschwächte ähnliche Lehren, wobei sich während des Abendmahls Brot und Wein tatsächlich zu Fleisch und Blut verwandeln sollen.

4.   Apostelgeschichte 2,41-47

  • Die Gemeinde bricht regelmäßig das Brot.
  • Eine konkrete Anweisung zur Abendmahlspraxis gibt es nicht.
  • Dieser Ausdruck könnte bedeuten, dass es um eine tägliche Abendmahlsfeier in den Häusern geht. Es kann aber auch ein normales Abendessen meinen, das auf die Gemeinschaft der Gläubigen hinweist.

5.   Apostelgeschichte 20,7-12

  • Die Gemeinde in Troas trifft sich am Sonntag, um „Brot zu brechen“. Vor dem „Brotbrechen“ gibt es allerdings eine mehrstündige Predigt, sodass es erst dazu kommt, nachdem Eutychus, ein junger Zuhörer, vor Müdigkeit aus dem Fenster fiel.
  • Eine konkrete Anweisung zur Abendmahlspraxis gibt es nicht.
  • Von der Bedeutung her kann es ein Abendessen sein, an dem gepredigt wurde, allerdings kann auch eine Abendmahlsfeier mit anschließender Predigt gemeint sind. Man kann auf eine Regelmäßigkeit schließen (jeweils sonntags), muss es aber nicht.

6.   1. Korinther 10,16-22

  • Für den einen Kelch wird gedankt. Das Brot wird gebrochen. Wer am Abendmahl teilnimmt, nimmt an der Gemeinschaft der Gemeinde teil.
  • Das Abendmahl soll echte Gemeinschaft zum Ausdruck bringen. Gemeinschaft zu Gott und seiner Gemeinde. Paulus verbietet deshalb die Teilnahme an fremden „Mahlfeiern“, die damals für andere Kulte und Dämonen abgehalten wurden.
  • Interessant ist, dass auch hier die Reihenfolge anders ist als gewöhnlich angenommen.

7.   1. Korinther 11,17-31

  • Es gibt soziale Spaltungen innerhalb der Gemeinde. Das wird vor allem beim Essen deutlich: Einer ist hungrig, der andere schon betrunken (V. 21). Manche werden vom Reichtum der Anderen beschämt (V. 22). Sie sollen deshalb aufeinander warten (V. 33) und gemeinsam das Abendmahl essen, sodass auch Arme etwas bekommen. Paulus beschreibt das Abendmahl wie es in Matthäus und Markus beschrieben wird: Brot nehmen, dafür danken, es brechen und die Einsetzungsworte sagen.
  • Brot und Kelch stehen im Zentrum des Gedächtnisses an Jesus Christus. Wer Brot und Kelch untereinander austeilt, verkündigt den Tod des Herrn. Wer Brot und Kelch „unwürdig“ nimmt, wird des Leibes und Blutes des Herrn schuldig und isst sich selbst Gericht. Das Wort „unwürdig“ bezieht sich auf die Art und Weise der Einnahme wie schon in den Versen 20-23 angedeutet ist. Das Abendmahl, das von Gottes Liebe zu uns spricht, darf nicht zu einem Instrument der Lieblosigkeit unter den Christen gemacht werden.
    Es geht hingegen nicht um einen unwürdigen oder unheiligen Zustand der Person. Geschwister, die auf unwürdige Weise am Abendmahl teilnehmen sind schwach, werden krank und sterben sogar.
  • Das Abendmahl ist offensichtlich in eine größere, normale Mahlzeit integriert (V. 34). Die Gestaltung des Rahmens für das Abendmahl scheint also flexibel zu sein, solange sie dem Zweck des Abendmahls dienlich ist.

Fazit

Zentrum der Abendmahlspraxis sind das Brot und der Kelch, die für den Leib bzw. das Blut des Herrn Jesus stehen. Damit ist die Abendmahlspraxis ziemlich einfach und nur auf Jesus Christus ausgerichtet. Wir erinnern uns an ihn und denken daran, was er für uns persönlich, aber auch für uns als Gemeinschaft getan hat. Wir leben durch sein Sterben versöhnt mit Gott und versöhnt miteinander. Deshalb ehren wir ihn und loben ihn.