„Was für ein Land!“ - Weihnachtsstück

Ein eingängiges Theaterstück, das den Inhalt von Weihnachten hinterfragt.
„Was für ein Land!“ - Weihnachtsstück

Personen

Reisegruppe bestehend aus:

R: Reiseleiterin
F: Fremder (mit Akzent)
M: zynischer Mann
ES: esoterisch angehauchte Frau
T: Theologin o. ä.
N: etwas Naive

Die Reisegruppe in Mänteln, mit Kameras; Reiseleiter eventuell mit Schirm; der Reiseleiter fängt schon an zu reden, während die Reisegruppe noch nach vorne zur „Bühne“ geht; die Stadtbeschreibung kann natürlich durch einen Text über die Sehenswürdigkeiten der eigenen Stadt ersetzt werden.

Szene

R: (leiert) Hier rechter Hand sehen Sie die ehemaligen Kaiserpfalz, die auf Veranlassung von Kaiser Friedrich I., besser bekannt als Barbarossa, nach 1152 errichtet wurde. Heute erinnern nur noch einige Buckelquader vom Fundament des Kaisersaals und spärliche Mauerwerksreste der Burgkapelle an diesen bedeutenden Bau, daneben erhebt sich der imposante Sandsteinbau des Neuen Pfalztheaters, eingerahmt von zwei Masken aus Carrara-Marmor, die vordere Maske stellt den afrikanischen König, die hintere den gefallenen Engel dar…

F: Entschuldigung, dieser Mann da vorne, was will er?

R: Ich weiß leider nicht ganz, was Sie meinen??

F: Dort vorne an dem Haus, der mit einer Leiter ins Haus einsteigt.

ES: (hysterisch) ein Einbrecher??? Hilfe, Polizei!!

F: Nein, nein, es sieht mehr wie eine Puppe aus.

R: Oh, Sie meinen den Weihnachtsmann!

Alle: (durcheinander) Weihnachtsmann?? Sie haben noch nie etwas vom Weihnachtsmann gehört?

F: Nein, wer ist das?

Alle: (etwas ratlos) Was ist das eigentlich…

R: Fragen wir doch mal ein paar Passanten: Wer ist der Weihnachtsmann?

Zuschauer fragen.
Beim Stichwort „Geschenke“:

F: Geschenke, die Kinder bekommen Geschenke? Ein reiches Land!

N: Ja, jeder bekommt Geschenke, viele Geschenke, das ist wichtig an Weihnachten!

F: Weihnachten??

T: Nun, ein traditionelles Familienfest, an dem man viel isst, viel schenkt und viel trinkt.

F: Ein reiches Land!! Woher kommt das, Weihnachten?

N: Nun ja, ein Feiertag eben, man muss nicht arbeiten und bekommt noch Weihnachtsgeld vom Arbeitgeber…

M: (grummelt) Nicht alle, nicht alle…

F: Weihnachtsgeld? Feiertag? Was für ein reiches Land!

T: Eigentlich ist Weihnachten ein Familienfest, man sitzt zusammen und freut sich an der Liebe untereinander…

R: (murmelt) Deshalb streite ich mich auch jedes Mal mit meiner Mutter!

ES: (träumerisch) Nein, eigentlich soll man an Weihnachten zur Ruhe kommen und sich in sich selbst versinken, die Stille und Andacht spüren – durch Räucherstäbchen und Rooibuschtee…

M: Was hat denn der Rooibuschtee damit zu tun? Seien Sie doch ehrlich: Weihnachten ist völlig veraltet und wird nur durch den Einzelhandel am Leben gehalten.

ES: Aber nein, Weihnachten ist das Fest der Liebe!

R: Dabei hat niemand Zeit, liebevoll zu sein! Weihnachten ist nichts als ein riesiger Stress, man hetzt von Feier zu Feier und ist froh, wenn wieder Ruhe einkehrt.

M: Und ich bin froh, wenn ich nicht mehr diese dämlichen leuchtenden Rentiere sehen muss! Die Stromkonzerne ziehen mit den Lichterketten den Dummen das Geld aus der Tasche.

F: Ja, die Lichter überall! (mehr zu sich selbst): Ein reiches Land!

T: Ja, aber eigentlich ist Weihnachten ja christlich, nicht wahr! Es erinnert an die Geburt des Wanderpredigers Jesus von Nazareth und soll Hoffnung in uns wecken.

M: Oh, hören Sie damit auf, wer will das noch hören! Jedes Jahr versuchen sie wenigstens an Weihnachten die Leute in die Kirche zu bekommen, aber warum uns ein Wanderprediger von vor 2000 Jahren heute noch Hoffnung bringen soll, ist mir schleierhaft!

T: Nun, er steht mit seiner Friedensbotschaft und dem Liebesgebot für eine Hoffnung auf eine Welt, in der kein Krieg mehr herrscht.

R: Und seit 2000 Jahren haben wir ununterbrochen Krieg!

N: War Jesus nicht noch mehr als ein Wanderprediger und war nicht deshalb seine Geburt etwas Besonderes? War da nicht was von wegen, er wäre Gottes Sohn – Gott selbst? Und die Hoffnung läge dann darin, dass Gott uns besucht hat. Ich hab so was in Erinnerung von einem alten Weihnachtslied: „Gott wird Mensch, Halleluja“.

F: Bitte? Ihr glaubt, dass euer Gott tatsächlich Mensch wurde?? Dass ER sich herabließ, zu euch zu kommen?? Und alles, was ihr heute noch feiert, ist ein dicker roter Mann, der Wände hochklettert? Was für ein armes Land!!

alle ab