Herausforderung Seelsorge

Dieser Artikel soll in der Kürze erklären, was biblische Seelsorge eigentlich ist. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des CV-Dillenburg aus dem Handbuch Jugendseelsorge
Herausforderung Seelsorge
Das Ziel biblischer Seelsorge ist nicht Fröhlichkeit, sondern Christusähnlichkeit.

Die Herausforderungen für junge Menschen haben von Generation zu Generation eine vergleichbare Grundstruktur: Jugend bedeutet den Übergang von der Kindheit zum Erwachsensein, von der elterlichen Vormundschaft zur Eigenverantwortlichkeit und von der übernommenen Moral zu einer selbstverantworteten Lebens- und Werteinstellung. Andererseits hat jede Generation veränderte Bedingungen, auf die sie sich einstellen muss.

In keiner Zeit haben sich die Bedingungen so rasant geändert wie in unserer:

Der technische Fortschritt zum Beispiel im Bereich der elektronischen Medien führt dazu, dass Eltern die Erlebniswelt der Jugendlichen zum Teil nicht mehr nachvollziehen können. Auch moralische und religiöse Vorstellungen unterliegen einem dramatischen Wandel.

In den fünfziger und sechziger Jahren dieses Jahrhunderts fingen einige wenige Christen an, die Beziehung von Christentum und Psychologie zu erforschen und zu entwickeln. Sie begannen, über die Grundsätze und Techniken der Psychologie und der biblischen Lehre zu reden, nicht um die Bibel durch diese zu ersetzen, sondern um menschliche Emotionen und Beziehungen im Licht der biblischen Analyse und deren Lösungen besser verstehen zu können.

Neben der wachsenden Akzeptanz von christlichem Rat, entstehen immer noch Probleme und Proteste, die primär einem von zwei Extremen zuzuschreiben sind.

Zwei extreme Reaktionen

Einige hochangesehene christliche Stimmen attackieren verschiedene Versuche, psychologische Theorien und Beratungstechniken in die Gemeinden zu bringen.

Einige sagen: „Jesus ist die Antwort. Alles was wir tun müssen ist, IHM zu vertrauen und mehr zu beten; dann wird alles gut werden.“

Andere sagen: „Gott sagt uns nicht, dass wir unsere Gefühle kennen sollen; ER sagt, dass wir Gottes Willen kennen und befolgen sollen.“

Dann gibt es das andere Extrem. Man glaubt, dass man nur mit seiner Vergangenheit „aufräumen“ muss und alles gut werden wird. Befreiung wird in unterstützenden Gruppen und in Zwölf-Schritte-Programmen angeboten. Sie nehmen die Bibel, um ihre Theorien zu untermauern und ihre Ideen in „christliche“ Terminologien einzuhüllen. Sorgfältiges Nachforschen wird jedoch ergeben, dass ihre Sicht der Dinge sich nicht von der eines Nichtchristen unterscheidet. Die Schwierigkeit ist, dass in beiden Positionen Wahrheit enthalten ist. Hinter ihrer Kritik stehen nachvollziehbare Ängste. Jesus ist die Antwort und Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes ist ein Schlüsselbegriff.

Auf der anderen Seite ist das Verständnis der Vergangenheit eines Menschen oftmals aufschlussreich und Krisen erfordern oftmals die Hilfe von anderen Menschen. Aber keines der beiden Extreme ist – für sich selbst gesehen – biblisch, denn jede Sichtweise präsentiert nur einen Teil des Gesamtbildes.

Der christliche Psychologe Gary R. Collins schreibt: Von der Bibel her gesehen müssen Christen alles lehren, was Christus befohlen und gelehrt hat.

Das schließt sicher auch Autorität, Erlösung, geistliches Wachstum, Gebet, Gemeinde, Zukunft, Engel, Dämonen und die menschliche Natur ein. Weiter hat Jesus über Heirat, Eltern-Kind-Beziehung, Gehorsam, Beziehungen zwischen den Klassen und Freiheit für Männer und Frauen gelehrt. Und er lehrte über persönliche Themen wie Sexualität, Sorge, Angst, Einsamkeit, Zweifel, Stolz, Sünde und Entmutigung.

All das sind Themen, bei denen die Menschen heute Rat suchen. Als Jesus mit solchen Leuten umging, hörte er oftmals den Nachfragenden zu und akzeptierte sie, bevor er sie anregte, anders zu denken oder zu handeln. Gelegentlich hat er den Menschen gesagt, was sie tun sollten, aber er hat auch durch geschickte und göttlich geleitete Fragen Menschen angeleitet, ihre Probleme selbst zu lösen.

Christen, die Jesus nachfolgen wollen, der unser Vorbild in allen Dingen ist, werden nicht nur den Vorteil erkennen, vor einer großen Menge zu predigen, sondern auch die Heilung erkennen, die ein Gespräch unter vier Augen bewirken kann, wenn sorgfältiges Zuhören und biblisch fundierte Antworten mit Feingefühl aufregende Ergebnisse bewirken.

Das Wissen von wertvollen psychologischen Nachforschungen und Techniken kann jedoch nicht die Tatsache schmälern, dass letztendliche Heilung und Wiederherstellung von Gott kommt, durch Christus. Nur einen Arzt aufzusuchen, zeigt einen Mangel an Vertrauen in Gottes souveräne Liebe und Macht. Aber so, wie Gott oftmals Wunder durch ausgebildete Ärzte und Ärztinnen bewirkt, bewirkt er auch oft emotionale und mentale Heilung durch das Zuhören christlicher Seelsorger, die biblisch fundiert sind.

Die Charakteristiken biblischer Seelsorge

Sogar unter Christen, die die Stellung von Seelsorge in der Gemeinde erkennen, gibt es viele Debatten über wahre biblische Seelsorge (was sie ist, was sie nicht ist, wer sie predigt, wer sie ausübt und wer nicht). Für die vielen Männer und Frauen Gottes auf dem Feld ist es nötig, Ansichten auszutauschen mit dem Ziel, Methoden zu Gottes Ehre zu finden, um anderen zu helfen. Es ist hier nicht unser Zweck, diese Ansichten zu beweisen, zu tadeln oder zu verbessern.

Trotzdem gibt es einige Voraussetzungen, die auf den Prinzipien und Lehren der Bibel basieren.

  • Gott ist Liebe (1.Johannes 4,16)
  • und Gott ist Wahrheit (Johannes 14,6).
  • Obwohl nicht alle Krisen und Probleme geistlich sind, sind sie in Beziehung zu sehen mit dem Glauben und dem geistlichen Zustand eines Menschen.
  • Ein entscheidender Faktor für Heilung ist eine persönliche Beziehung mit dem lebendigen Christus.
  • Gesunde Beziehungen sind die Achsen mentaler, emotionaler und geistlicher Gesundheit.
  • Heilung des Gemüts, der Emotionen und des Geistes ist möglich.
  • Das Ziel biblischer Seelsorge ist nicht Fröhlichkeit, sondern Christusähnlichkeit.
  • Ohne gründliche biblische Lehre und Gehorsam gegenüber Gottes Wort uns Seinem Willen wird Heilung und Ganzheitlichkeit nicht möglich sein.

„Wenn jemand ein echter christlicher Psychologe/Seelsorger ist, muss er tief in den Bereich des Wortes und des Geistes eindringen, um Seelenarbeit zu leisten. Er sollte es dabei nicht bei oberflächlichen Verhaltensänderungen belassen. Warum sollte sich ein Gläubiger für Verhaltensänderungen entscheiden, wenn er doch das „Werkzeug“ zu geistlicher Umwandlung hat? Das wäre wie ein Chirurg, der mit einem Buttermesser anstelle eines Skalpells operiert und damit großen Schaden anrichtet. Der beste Seelsorger ist der, der mit größten Sorgfalt, betend und vertrauend die göttlichen geistlichen Ressourcen zur Heiligung anwendet, umso einen Menschen dem Bilde Jesu ähnlicher zu machen.“

Wer auch immer versucht, Jugendlichen in einer Krise zu helfen, sei es Mann oder Frau, muss jede Anstrengung unternehmen, um für diesen Dienst des Trostes und der Kommunikation gute biblische Lehre zu erwerben. Wichtiger als Techniken dafür ist jedoch, ein festes und ausdauerndes Vertrauen auf den Geist Gottes.

Literaturtipp:

  • Handbuch Jugendseelsorge Josh McDowell / Bob Hostetler

Ein Führer für Jugendmitarbeiter, Prediger, Lehrer und Eltern. Ein kompetenter Führer durch die  Problemfelder des Teenager- und Jugendalters. Eine Fülle verschiedener Gesichtspunkte werden behandelt. Die Autoren verbinden emotionale Fürsorglichkeit und Mitempfinden mit deutlicher Unterstreichung biblischer Wertmaßstäbe.