Gibt es gute Gruppenarbeit?

Gruppenarbeit ist kein Selbstläufer, daher diese Handreichung zur erfolgreichen Organisation und Durchführung im Jugendkreis.
Gibt es gute Gruppenarbeit?

Als Schüler reagierte ich allergisch, wenn ich im Unterricht nur die Andeutung von einer Gruppenarbeit hörte. Heute setze ich selbst die Gruppenarbeit bei der Organisation des Unterrichts maßvoll ein – nicht um den armen Allergikern unter den Schülern eins auszuwischen, sondern weil diese Sozialform einige Chancen bietet, die man sonst kaum erhält.

Gute Gründe für eine Gruppenarbeit

  • Mehr Leute beteiligen sich aktiv am Geschehen.
  • Man kann sich mit weniger Scheu äußern, vorläufige Aussagen treffen und offener reden.
  • Man findet schneller zueinander und lernt sich besser kennen.
  • Individuellen Voraussetzungen und Interessen wird stärker Rechnung getragen.
  • Man bekommt nicht alles vorgekaut, sondern schlägt eigene Wege zur Erkenntnisgewinnung ein.

Voraussetzungen für Gruppenarbeit

  • Lassen die räumlichen Gegebenheiten eine Gruppenarbeit zu?
  • Ist von den Jugendlichen ein Mindestmaß an Interesse, Motivation und Selbstdisziplin zu erwarten, so dass sie ernsthaft an einer Sache arbeiten können?
  • Eignet sich das Thema für eine selbständige Bearbeitung in Kleingruppen?
  • Sind die notwendigen Vorkenntnisse vorhanden? (Oder sollen fünf Ahnungslose über ihre Vermutungen diskutieren? Davon haben Grup-penarbeitsallergiker die Nase voll!)

Organisieren der Gruppenarbeit

Arbeitsaufträge vorbereiten

Sollen die Gruppen gleiche oder unterschiedliche Arbeitsaufträge bekommen?

Im ersten Fall kann eine Art Wettbewerb entstehen (was nicht unbedingt schlecht ist), im zweiten Fall ergänzen die Gruppen einander und setzen bei der Präsentation ihre Teilergebnisse wie Puzzlestücke zu einem Gesamtbild zusammen.

Allerdings sollte die Präsentation nicht von vornherein im Schwerpunkt der Erarbeitung stehen. „Erstellt ein Plakat über das Sendschreiben an die Gemeinde von Pergamon!“ wäre kein guter Arbeitsauftrag. Meistens ist es sinnvoll, eine Anleitung in mehreren Stufen zu geben:

  1. Lest euch den Brief an die Gemeinde von Pergamon in Offenbarung 2 durch.
  2. Untersucht den Aufbau des Briefes.
  3. Stellt in einer Tabelle die positiven und negativen Aussagen über die Gemeinde gegenüber.
  4. Vielleicht fallen euch noch weitere Schritte ein?

Die Anweisung zur Vorbereitung der Präsentation (z. B. das Erstellen eines Plakates) folgt erst im letzten Punkt!

Egal ob der Auftrag mündlich oder schriftlich erteilt werden soll – die Formulierung muss vorher stehen! Nichts ist ein größerer Motivationskiller als ein unklarer Arbeitsauftrag. Unklar heißt jedoch nicht, dass es keine offenen Aufträge geben kann, wie z. B.: „Beschäftigt euch mit den verfolgten Christen in anderen Ländern und überlegt euch, was wir als Jugendkreis für sie tun können.“

Der Einstieg

„Das heutige Thema der Bibelarbeit ist die Weisheit in den Sprüchen Salomos. Wir behandeln das in vier Gruppen, also zählt bitte bis vier durch. Jonas, du fängst an.“

Das wäre ein denkbar schlechter Einstieg. Vor Beginn der Gruppenarbeitsphase sollte ein Input kommen: ein Kurzvortrag als Einführung in das Thema, eine provozierende These, eine Problematisierung mit aktuellem Bezug, ein Brainstorming oder ein anderer Anstoß, der neugierig macht und zum Weiterdenken anregt.

Einteilung der Gruppen

Jedes Mal durchzählen wird auf die Dauer langweilig. Es gibt wesentlich interessantere Möglichkeiten, Zufallsgruppen zu bilden, z. B. durch Auslosen, Ziehen von verschieden farbigen Bonbons oder nach gemeinsamen Merkmalen wie Geburtsmonat oder Wohnort.

Nicht unbedingt muss der Zufall entscheiden. Bei arbeitsteiliger Gruppenarbeit kann das Interesse der Einzelnen ausschlaggebend sein, oder der Leiter/die Leiterin legt die Gruppen fest.

Wie auch immer die Gruppen gebildet werden – die Gruppenstärke sollte fünf bis sechs Personen nicht überschreiten, optimal sind Kleingruppen von drei bis vier Personen.

Phasen der Gruppenarbeit

Nach einer klar formulierten Arbeitsanweisung und einer Zeitbegrenzung beginnt die eigentliche Gruppenarbeit, die sich zumeist in drei Phasen einteilen lässt:

Der allergische Notfall droht bei einer sich endlos in die Länge ziehenden Präsentationsphase nach dem Motto:

Es ist alles schon gesagt, aber noch nicht von allen. (K.Valentin)

Dem kann vorgebeugt werden, indem der Leiter/die Leiterin

  • bei arbeitsgleicher Gruppenarbeit eine Gruppe vortragen lässt und von anderen nur Ergänzungen zulässt,
  • jede Gruppe nur einen Teil ihrer Ergebnisse präsentieren lässt,
  • die einzelnen Gruppen zu verschiedenen Formen der Präsentation auffordert werden (Vortrag, Anspiel, Wandzeitung, Interview etc.).

Abschluss

Nach der Präsentation ist es die Sache des Leiters/der Leiterin, die Ergebnisse der Gruppenarbeit kurz zu resümieren und zu würdigen.

Manchmal ist es sinnvoll, nach der Gruppenarbeit eine Diskussion im Plenum anzuschließen. Das ist besonders zu empfehlen, wenn auf eine Präsentation in Vortragsform verzichtet wurde, wenn z. B. in einer „Postersession“ alle von Plakat zu Plakat schlendern, um die Ergebnisse der anderen Gruppen zu begutachten.

Vielleicht ist es angebracht, das Thema nicht weiter zu zerreden, sondern mit einer Gebetsrunde abzuschließen. Am besten überlegt sich der Leiter/die Leiterin vorher mehrere mögliche Ausgänge der Stunde, um dann situativ zu entscheiden, auf welche Weise die Sache am besten abzurunden ist.

Varianten

Es gibt zahlreiche Varianten der klassischen Ausgestaltung von Gruppenarbeit, z. B. das Rollenspiel, das Planspiel, das Projekt oder die Zukunftswerkstatt. Sie haben alle eines gemeinsam: Die Vorbereitung kostet Zeit und Mühe. Aber ist es nicht einen Versuch wert? Vielleicht stellt sich am Ende ja doch noch heraus, was mir als leid-geprüftem Schüler unglaublich erschien:

Es gibt tatsächlich gute Gruppenarbeit!